Das weltweit erste Institut für Sexualwissenschaft (1919-1933) repräsentiert eine bedeutsame Episode in der deutschen Kultur- und Wissenschaftsgeschichte. Am 6. Juli 1919 erfüllte sich der Sexualforscher Magnus Hirschfeld (1868-1935) mit seiner Eröffnung einen lang gehegten Traum. Unter dem Motto „Durch Wissenschaft zur Gerechtigkeit“ wollte er das Angeborensein der Homosexualität beweisen und damit die Forderung nach deren Straffreiheit begründen. Hirschfeld, der selbst homosexuell war, kämpfte für die Abschaffung von §175 aus wissenschaftlicher Überzeugung und aus einem vitalen Eigeninteresse heraus.
Die Online-Ausstellung gliedert sich in fünf Themenbereiche: zur Geschichte des Gebäudes, Biographisches über die beteiligten Personen, ausführliche Exkurse zu Theorie und Praxis der forschenden Wissenschaftler, zu ihrer angestrebten Sexualreform und schließlich zur Zerstörung des Instituts durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933.
Das Institut für Sexualwissenschaft verstand sich als eine beratende, behandelnde und aufklärende Einrichtung und als eine Forschungsstätte, die ihre Ergebnisse für sexualreformerische Bestrebungen nutzbar machen wollte.
Es gab dort Arbeits- und Behandlungszimmer sowie Vortragssäle. Neben dem Archiv existierten eine Abteilung für körperliche Sexualleiden, eine Abteilung für seelische Sexualleiden, die Forensik (Gutachterwesen), eine eugenische Abteilung für Mutter und Kind und die Abteilung für Sexualreform. Mehrere sexualpolitische Organisationen hatten Räume im Institut. Durch die vielfältige Ausrichtung wurde das Institut zu der ersten Adresse der vom Sexualstrafrecht Bedrohten.
Bei aller ihm gebührenden Ehre für seine Bemühungen um Aufklärung und Forschung, sollte jedoch nicht vergessen werden, dass Hirschfeld Menschenversuchen positiv gegenüber stand und mit Hodentransplantationen experimentierte, wie der Wissenschaftshistoriker Florian Mildenberger schreibt. In dieser wissenschaftlichen und ethischen Hinsicht war Hirschfeld ein Sohn seiner Zeit.
Rosa von Praunheims Verfilmung von Hirschfelds Leben unter dem Titel „Der Einstein des Sex“ (1999) machte sein Wirken einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.
Seit einigen Jahren dient Magnus Hirschfeld als Namenspatron vieler Stiftungen, Ehrenpreise, Initiativen und Vereine, die sich der Unterstützung und Aufklärungsarbeit oder der Forschung zu Homosexualität verschreiben haben. Jüngstes Beispiel ist die Berliner Initiative des Lesben- und Schwulenverband in Deutschland die Promenade zwischen Moltke-Brücke und Kanzlergarten nach ihm zu benennen. Seit dem 6. Mai 2008 heißt nun das Spreeufer, schräg gegenüber vom Bundeskanzleramt und in der Nähe des früheren Wohnortes, Magnus-Hirschfeld-Ufer.
Die von der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft erarbeitete Online-Ausstellung macht bis dato unbekanntes Bildmaterial zugänglich und bietet einen guten Einstieg in die Thematik. Allerdings besteht die Ausstellung seit 1994 und ist seitdem nur wenig überarbeitet worden. Das ist auf der inhaltlichen Ebene keineswegs ein Manko, doch eine gestalterische Überarbeitung würde der Übersichtlichkeit und Benutzerführung der Ausstellung sicherlich förderlich sein.