Das Jahr 2009 markiert den 20. Jahrestag des Falls der Mauer und damit das Ende der deutschen Zweistaatlichkeit. Für viele Jugendliche scheint damit die Geschichte der DDR bereits in eine kaum mehr greifbare geschichtliche Entfernung gerückt und der Kenntnisstand über die ostdeutsche Nachkriegsgeschichte ist in einem beinahe erschreckenden Maß gering.
Daher ist die Herausgabe einer Sammlung mit Verweisen auf mehr als 140 Bildungsmaterialien zur DDR ein wichtiges und unterstützenswertes Unterfangen, dem sich die Stiftung Aufarbeitung akribisch gewidmet hat.
Herausgekommen ist ein Nachschlagewerk mit didaktischen Hinweisen und Kategorisierungen vorliegender Materialien für die schulische und die außerschulische Bildung. Anhand von 51 Schlagworten können sich Nutzerinnen und Nutzer des Bandes gut orientieren.
Darunter finden sich Materialien zur Militarisierung der Gesellschaft, zur innerdeutschen Grenze, zu den Massenorganisationen ebenso wie zur Politik der Entnazifizierung und dem Aufstand im Jahr 1953.
Sehr übersichtlich sind die Artikel zu den einzelnen Materialien. Sie beschreiben in Stichworten die Art des Materials und machen Vorschläge in welchen Unterrichtsfächern es einsetzbar ist. Daran schließen sich jeweils eine Kurzbeschreibung und Hinweise zur didaktischen Aufbereitung an. Die Artikel enden mit den üblichen bibliographischen Angaben und Bezugsmöglichkeiten.
Ein gesondertes Kapitel will auf ‚Weiße Flecken‘ im vorgefundenen Material aufmerksam machen. Richtigerweise thematisiert der Autor Oliver Igel die Fokussierung der Mehrzahl des Bildungsmaterials auf prominente Daten und Anlässe. Auch das Problem, dass die vorliegenden Materialien sichtlich auf eine mehrheitsdeutsche Schülerschaft zugeschnitten sind, wird richtigerweise angesprochen.
Interessanterweise scheint jedoch das Fehlen von didaktischen Handreichungen zu den in der DDR durchaus vorhandenen Spielarten von Rechtsextremismus und Neonazismus kein Thema zu sein. Ebenso wenig finden sich Hinweise auf das Manko, dass Judentum und Jüdisches Leben in der DDR derzeit kein Thema für das Lernen über die Geschichte der DDR sind; dabei wäre es wünschenswert diese Leerstelle zu schließen.
Dasselbe gilt für die Themenkreise Antisemitismus und Antizionismus, obwohl gerade letzterer ein wesentlicher Teil der Außenpolitik und des antimperialistischen Selbstverständnisses des Regimes war. Mehr [node:7587].
Leider findet dementsprechend unter der Überschrift "Didaktische Angebote von Gedenkstätten, Museen und anderer Bildungsträger" die Ausstellung der Amadeu-Antonio-Stiftung „Das hat‘s bei uns nicht gegeben“ zum Antisemitismus in der DDR keine Erwähnung, obwohl sie u.a. von der Stiftung Aufarbeitung gefördert wurde.
Der Bildungskatalog ist insgesamt eine empfehlenswerte Sammlung mit einem hohen Nutzen für die Praxis, der in den kommenden Jahren hoffentlich ergänzt und überarbeitet werden kann. Das jedoch wird sicherlich abhängig vom Erscheinen differenzierter Bildungsmaterialien, die sich der Geschichte und den Geschichten zur DDR unter den verschiedensten Blickwinkeln nähern.