Barbara Schäuble und Albert Scherr befragten für ihre Studie „Ich habe nichts gegen Juden, aber…" über 20 Gruppen von Jugendlichen aus ganz Deutschland dazu, was sie über Juden und jüdisches Leben wissen. Die Ergebnisse legen nahe, dass sich Jugendliche zum Teil auch dann judenfeindlich äußern, selbst wenn sie sich nicht als Antisemiten verstehen. Diese subtil oder auch offen geäußerten Meinungen müssen von Lehrenden und Praktiker/innen der Bildungsarbeit zunächst erkannt werden, um sie gezielt bearbeiten zu können. Die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Annette Kahane, äußert im Vorwort ihren Wunsch, die Studie möge vor allem Mut machen, Antisemitismus aktiv zu bekämpfen.
Die Autor/innen wollen mit ihrer Untersuchung nicht nur eine Bestandsaufnahme wagen, sondern auch praktische Hilfestellung für Pädagog/innen leisten. Ziel einer solchen Bildungsarbeit müsse die „fundierte und qualifizierte Auseinandersetzung mit Antisemitismus“ sein. Um Jugendliche aber nicht einfach als Antisemiten bloßzustellen und somit die Möglichkeit einer Reflexion zu verbauen, sollten Pädagog/innen nicht moralisierend bzw. konfrontativ arbeiten. Stattdessen plädieren Scherr und Schäuble dafür, stärker auf das Überwinden antisemitischer Positionen hinzuarbeiten. Das könne aber nur funktionieren, wenn Antisemitismus in der pädagogischen Arbeit „als Lerngegenstand – und nicht primär als Eigenschaft beteiligter Personen – verstanden wird.“ Ferner stellen die Autor/innen der Studie fest, dass bei vielen Jugendlichen Desinteresse und Unwissen über Juden und jüdisches Leben in Deutschland festzustellen sei. An dieser Stelle sei auch die politische Bildungsarbeit gefragt. Ebenso wichtig, so die Autor/innen seien schulische und außerschulische Projekte, die sich gezielt dem Thema „Antisemitismus heute und in der Geschichte“ widmen.
Die Studie „Ich habe nichts gegen Juden, aber…“ verfolgt also nicht nur den Zweck der Aufklärung über antisemitische Einstellungen unter Jugendlichen, sondern möchte Lehrkräften Unterstützung bei ihrer alltäglichen Arbeit bieten. Sie möchte Lehrende zur kritischen Selbstreflexion anregen und ihnen Mut für die komplexe Arbeit gegen Antisemitismus machen. Wie eine solche pädagogische Arbeit aussehen kann, die ohne Moralisieren und Vorverurteilungen auskommt und sich gleichzeitig aktiv gegen Antisemitismus einsetzt, wird mit Sicherheit für viele Lehrende von großem Interesse sein.
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