Ort/Bundesland: Brandenburg |
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Die Voltaire-Oberschule, eine Potsdamer Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe, arbeitet im Rahmen ihrer Leistungskurse seit ca. fünf Jahren intensiv an Themen, die im Zusammenhang mit jüdischer Geschichte, der Geschichte des Holocaust und der gegenwärtigen politischen Situation des Staates Israels stehen. Im Rahmen einer Schulpartnerschaft mit einer israelischen Schule finden Begegnungen sowohl in Israel als auch in Potsdam statt. Außerdem erforschen die Schüler die Geschichte des jüdischen Friedhofs in Potsdam, laden jüdische Überlebende des Holocaust in unsere Schule ein.
1996/97 beteiligte sich eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern mit dem Projekt "Hachschara in Brandenburg" am "Schülerwettbewerb Deutsche Geschichte um den Preis des Bundespräsidenten", der die Geschichte des Helfens zum Thema hatte. Ihr Beitrag wurde mit einem 5. Preis ausgezeichnet. Zur Besonderheit des schulinternen Curriculums [siehe Dokumente] gehört die Möglichkeit, statt einer schriftlichen Klausur eine produktorientierte Aufgabe zu wählen, wie etwa die Produktion einer Ausstellung oder eines Videos (siehe pdf-Dokumente).
In dem hier dokumentierten Beispiel des Videofilms über Auschwitz wurden Filmmaterial und Konzept völlig selbstständig von den Schülern erstellt. Sie verwendeten u.a. Ausschnitte aus dem Film "Die Befreiung von Auschwitz" und Bildmaterial aus der Ausstellung in der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin. Insgesamt hatten die Schüler für die Bearbeitung ihres Themas acht Wochen Zeit, benötigten jedoch - wie auch die beiden anderen Arbeitsgruppen, die ein Video über Sachsenhausen und eine Bild-Text-Dokumentation über Auschwitz erstellten - lediglich vier Wochen.
Erstellung eines Unterrichtsvideos für die Klassenstufe 10 über das Konzentrationslager in Auschwitz anlässlich des Besuchs des Leistungskurses Politische Bildung in der Gedenkstätte im August 1997. Titel des Videos: "Auschwitz - Das Reich der Unmenschlichkeit". Zeitdauer: ca. 20 Minuten.
Das verwendete Videomaterial wurde vollständig selbst hergestellt. Die im Video gekennzeichneten Ausschnitte aus dem Film "Die Befreiung von Auschwitz" wurden vom Bildschirm abgefilmt. Ebenfalls abgefilmt wurden Fotos der Ausstellung der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz in Berlin.
Das Video wurde in vier Themenbereiche unterteilt. Am Beginn steht die Einleitung mit Informationen über die Errichtung des Lagers. Eingeflochten wurde ein zusammenfassender Satz zur Bedeutung des Lagers, der das Auditorium auf die später im Video folgenden grausamen Fakten vorbereiten soll. Diese Vorbereitung ist aufgrund der Zielgruppe, Schülerinnen und Schüler der zehnten Klassen, unbedingt erforderlich. Jugendliche in dieser Altersgruppe haben vor der Thematisierung des Holocaust in der Schule im allgemeinen noch keine ausreichenden Kenntnisse über die Tragweite des Begriffes "Auschwitz".
Der zweite Themenbereich des Videos befasst sich mit den verschiedenen psychischen und physischen Vernichtungsmethoden. Genannt werden nacheinander und voneinander abgegrenzt die industrielle Ausbeutung der Besitztümer der Opfer, das Vergasen, die medizinischen Experimente, die Vernichtung durch Arbeit und die spontanen, willkürlichen Tötungen. Es wurde nicht versucht, diese Methoden in irgend einer Form steigernd anzuordnen. Jede für sich stellt schon gesteigerte Perversität dar. An den verhältnismäßig ausführlich geschilderten Beispielen der Verwertung der menschlichen Haare und der medizinischen Versuche soll auch die Intensität der Menschenverachtung verdeutlicht werden. Dabei sprechen die Bilder das Publikum noch auf einer ganz anderen, emotionaleren Ebene an als der gesprochene Text, zum Beispiel das Bild des abgeschnittenen Zopfes auf dem Berg aus Haaren.
Neben der Frage, wie Menschen zu solchen Taten fähig sein können, müsste sich nun dem Auditorium die Frage stellen, inwiefern sich die Opfer gewehrt haben, wenn sie sich wehren konnten. Daher geht es im dritten Abschnitt um das Thema Widerstand.
Der vierte Abschnitt berichtet über das Ende des Lagers Auschwitz, die Befreiung. Dieser Abschnitt ist von großer Wichtigkeit, da unmittelbar vor der Befreiung noch Tausende den Tod fanden. Der letzte Satz enthält die Bilanz des Konzentrationslagers Auschwitz und stellt somit die Abschlussinformation des Videos dar. Auf diese Weise soll eine besondere Betonung auf die deutsche Verantwortung gelegt werden, um den Schülerinnen und Schülern ihre Beziehung zu den lange zurückliegenden und entfernten Geschehnissen von Auschwitz zu verdeutlichen. Schuldgefühle sollen aber selbstverständlich nicht ausgelöst werden. Bewusst wurde versucht, sich nur auf den Alltag sowie das Leben im Lager zu beschränken und den Film bzw. den Text im Film möglichst emotionsfrei zu halten.
In alle Abschnitte eingegliedert sind die Interviewausschnitte mit dem Auschwitz-Überlebenden Kurt-Julius Goldstein. Mit Hilfe seiner Aussagen soll die Realität der im Text genannten Fakten verstärkt werden. Auch vermag es niemand besser als ein Zeitzeuge, den Alltag im Lager zu schildern und über persönliche Schicksale zu berichten. Die Interviewausschnitte haben daher eine sehr entscheidende Rolle bei der Vermittlung der Geschichte in einem derartigen Dokumentarvideo.
Um das Video in der Schule einsetzen zu können und bestimmte inhaltliche Aspekte hervorzuheben, wurden verschiedene filmische Mittel bewusst eingesetzt. Bevor das erste Bild erscheint, beginnt bereits die Titelmusik. Im Klassenraum ist Zeit, Ruhe einkehren zu lassen und eventuelle Gespräche einzustellen, bevor der gesprochene Text mit den geballten Informationen beginnt. Die Musik wurde dem Thema angepasst ausgewählt. Insgesamt findet die Musik jedoch im Video wenig Anwendung, da die Aufmerksamkeit voll und ganz auf Bilder und gesprochenen Text gelenkt werden soll. Zur besseren Illustration der Aussagen von Kurt-Julius Goldstein wurde sein Interview je nach vorhandenem Material mit Bildern unterlegt. Am Filmende befindet sich eine Sequenz mit Bildern aus dem Lager, die bei laufender Musik Gelegenheit zum "Wirkenlassen" bieten. Abschlussbild ist als Zeichen des Gedenkens das Mahnmal für die Opfer in Auschwitz-Birkenau.Allgemein wurde beim Schnitt beachtet, dass sich Schwarzweißbilder nicht allzu häufig mit farbigen Bildern und ebenso bewegte Bilder nicht zu häufig mit Standbildern abwechseln. Damit soll die dem Thema angemessene Ruhe erhalten bleiben. Diese verbietet im übrigen auch den Einsatz von technischen Finessen, wie etwa den übermäßigen Einsatz von Blenden.
Das Bildmaterial ist z.T. von schlechter Qualität, da beim Drehen zu wenig mit dem Stativ gearbeitet wurde. Dies ist jedoch auch dem Zeitdruck geschuldet, der uns am Tag in der Gedenkstätte im Nacken saß. Auch beim Bildschnitt sind uns gewisse Fehler unterlaufen, die jedoch beim einmaligen Ansehen des Videos von den Schülerinnen und Schülern vermutlich nicht bemerkt werden. Die Unterlegung der Bilder mit Texten stellte eine besondere Schwierigkeit dar, da die zu benennenden Fakten immer auch mit dem Bildmaterial übereinstimmen müssen. Diese Schwierigkeit führte zu Kompromissen hinsichtlich des Informationsgehaltes einiger Passagen. So kommt beispielsweise die "Vernichtung durch Arbeit" etwas zu kurz, da nicht genügend passende Bilder vorhanden waren.
Die ursprüngliche Absicht, die sogenannte Auschwitz-Lüge und den Neonazismus thematisch in den Film mit einzugliedern, wurde aufgegeben, da es von dieser Altersgruppe, die womöglich durch den Film erstmals mit dem Thema konfrontiert wird, zu viel verlangt wäre, alles auf einmal zu verarbeiten. Noch weiteren Fragen nachzugehen, etwa nach dem Verhalten der Alliierten oder nach der genaueren Differenzierung der Täter, wurde aufgrund der Aufgabenstellung und der Zielgruppe nicht für sinnvoll erachtet und wäre aufgrund des fehlenden Bildmaterials auch nur schwer möglich gewesen.