Der Holocaustunterricht an unserer Schule beinhaltet zwei untrennbare Elemente: Erinnern und Unterricht. Das gemeinsame Erinnern ist an einen besonderen Jahrestag gebunden, den Yom Hashoa Tag oder Holocaust-Gedenktag. Ziel des Unterrichts zum Holocaust ist es, einerseits die Kinder so intensiv wie möglich mit den historischen Fakten vertraut zu machen, ihnen aber andererseits auch positive Verhaltensweisen nahezubringen, die sich als Werte aus der Analyse des moralischen Hintergrundes der historischen Ereignisse ergeben. Die Unterrichtsaktivitäten lassen sich nicht auf einen einzigen Tag beschränken; die oben genannten Ziele können nur durch einen längerfristigen Unterrichtsprozess erreicht werden.
Im Folgenden werden die aufeinander aufbauenden strukturellen Elemente mit ihren Inhalten und Methoden nach Lernstufen geordnet vorgestellt.
Schüler/innen der Grundschulklassen 3-6 erhalten, normalerweise um das Datum des Holocaust-Gedenktages herum, Unterrichtsstunden zum Holcaust. Der Unterricht wird vom Lehrer für jüdische Religion erteilt. Für das Thema werden mehrere Unterrichtsstunden benötigt; diese können am gleichen Tag aufeinander folgen (z.B. wenn die Kinder einen Film ansehen und diskutieren), oder sie können an verschiedenen Tagen mit täglich einer Unterrichtsstunde erteilt werden.
Diskussion des Holocaust auf der Grundlage der Lektüre von "Tommys Buch" (von Bedrich Fritta), das vom Leben und Schicksal der Kinder erzählt. Gespräche über Verfolgung, wie es ist verfolgt zu sein; anhand des Buches "Schreckliche Dinge" (von Eve Bunting) wird über Solidarität gesprochen.
"Teufelstanz in Wien" – Betrachtung eines Spielfilms. Der Film handelt von der Freundschaft eines jüdischen und eines christlichen Mädchens während der Nazizeit. Nach dem Film wird der historische Hintergrund in alterangemessener Form besprochen. Den Kindern kann vermittelt werden, dass von der Kindheit ihrer Großeltern die Rede ist, um ihnen so die Geschichte näher zu bringen. Besonderer Wert wird auf die Analyse der moralischen Werte, Aussagen und Verhaltensweisen gelegt, die in der Geschichte zum Ausdruck kommen sowie auf die Analyse der Personen des Films.
Unter Verwendung des "Tagebuchs der Anne Frank" als Film, Buch und CD-ROM, die vom Anne Frank Museum in Amsterdam bereitgestellt wird, kommt es zum ersten Mal seit Beginn der Lerneinheit in Klasse 3 zu einer eher wissenschaftlichen Annäherung an historische Personen und Tatsachen. Der Prozess des Lernens und Forschens wird vom Lehrer angeleitet, und die Schüler beteiligen sich sehr aktiv – ähnlich wie bei der Projektarbeit in der Sekundarstufe. Die methodologische Veränderung wird auch daran sichtbar, dass die SchülerInnen anschließend an den Veranstaltungen der Sekundarstufe zum Holocaust-Gedenktag teilnehmen.
In der Sekundarstufe werden die Ziele des Holocaustunterrichts – Wissensvermittlung und moralische Botschaft – im Rahmen von Projektaktivitäten vermittelt. Eines der wichtigsten Merkmale aller Projekte ist, dass in allen Arbeitsphasen – von der Planung bis zur Präsentation – jedes Mitglied der schöpferischen Gemeinschaft von SchülerInnen und LehrerInnen aktiv in dem Bereich tätig ist, der ihm oder ihr am meisten zusagt. Eine Projektgruppe besteht aus 4-8 SchülerInnen und einer LehrerIn oder einer anderen Fachkraft; eine Ausname bilden die Projektcamps im Sommer, an denen eine weit größere Zahl von SchülerInnen und LehrerInnen teilnimmt. Projektziel ist es unter anderem, die Holocausterziehung in Ungarn zu unterstützen, indem hergestellte Projektmaterialien, wie Dokumentarfilme auf DVD, Bücher und andere Schriften, Fotografien und CD-ROMs, Lehrern und öffentlichen Sammlungen landesweit zur Verfügung gestellt werden.
(Unterstützt von der Conference on Jewish Material Claims / Rabbi Israel Miller Fund)
Die Teilnehmer/innen dieses Projekts führen Interviews mit Überlebenden des Holocaust, mit UnterstützerInnen der Verfolgten und anderen AugenzeugInnen aus der fraglichen Zeit durch. Die Interviews werden durch zeitgenössische Dokumente, Fotografien oder Filme ergänzt und zu Dokumentarfilmen ausgebaut.
Das bislang erfolgreichste Video ist ein 22-minütiger Dokumentarfilm aus dem Jahr 2000 mit dem Titel Lili und Anikó, der auf einem Interview mit zwei alten Damen basiert. Während des Holocaust versteckte Lili die damals 18-jährige Anikó zusammen mit deren Mutter und jüngerer Schwester. Die SchülerInnen und LehrerInnen stellten den Film als Unterrichtsmaterial zum Holocaust her und ergänzten ihn um ein Informationsblatt. Der Film kann im Rahmen einer einzigen Unterrichtsstunde betrachtet werden; er wurde in mehreren anderen ungarischen Schulen eingesetzt sowie in privaten Sammlungen vorgeführt und von Fernsehgesellschaften ausgestrahlt. (Eine Version mit englischen Untertiteln steht für Schulen im Ausland und ausländische Fernsehgesellschaften zur Verfügung). Augenblicklich sind mehrere ähnliche Filmprojekte in Vorbereitung; weiteres Material wird gesammelt, und es werden ständig neue Interviews durchgeführt.
(Unterstützt von der Conference on Jewish Material Claims / Rabbi Israel Miller Fund)
Das Projekt besteht bereits seit der Gründung der Schule. Der Gegenstand der Interviews ist ähnlich dem der Interviews auf Video. Diese Aktivität erfordert weniger Vorbereitung und Materialaufwand. Die SchülerInnen werten die Interviews gemeinsam mit der leitenden Lehrkraft aus, bearbeiten sie redaktionell und publizieren sie dann, teilweise auch auf Englisch, in literarischen Jahrbüchern und Aufsatzsammlungen.
Die Videos und Tonaufnahmen der Projektgruppen werden ergänzt durch die Analyse von Einstellungen junger Mensschen in Ungarn zu Antisemitismusi und Rasssismus. Zu diesem Thema wurden SchülerInnen der Sekundarstufe auf Festivals und Demonstrationen in Kurzinterviews befragt, wir haben aber auch einige längere qualitative Interviews durchgeführt. Das Ergebnis der zweijährigen Arbeit ist eine beträchtliche Menge wertvollen Materials mit einer Vielzahl von Botschaften.
(Unterstützt durch den L.A.Pincus Jewish Education Fund for the Diaspora)
Eines der Arbeitsgebiete dieser Projektgruppe ist die Sammlung und Veröffentlichung von Holocaust-Dokumenten – über das Internet oder in Druckform – um so den Holocaustunterricht in Ungarn zu unterstützen. Als Ergebnis der Projektarbeit wurde im Frühjahr 2004 das Tagebuch der Éva Weinmann, die Aufzeichnungen eines Mädchens im Teenageralter während des Holocaust in Budapest, in einer zweisprachigen Ausgabe veröffentlicht. Dank der von den SchülerInnen angefertigten englischen Übersetzung kann das Buch auch für Lehrzwecke an ausländischen Schulen verwendet werden.
(Unterstützt vom ungarischen Ministerium für Bildung, der Tempus Stiftung und der Stiftung Task Force for Holocaust Education)
Die Projektgrupppe begann die Arbeit am ersten Band ihrer "Persönlichen Geschichte" [Personal History] im Herbst 2004. Es wird ein Buch pro Schuljahr veröffentlicht. Der erste Band der Serie unter dem Titel "Auschwitz Tagebuch" [Auschwitz Diary], in dem es um die Erinnerungen eines 17-jährigen Jungen aus dem Jahr 1945 geht, wurde im April 2005 herausgebracht.. Die SchülerInnen übernahmen die Digitalisierung und redaktionelle Bearbeitung des Bandes und übersetzten ihn ins Englische. Zusammen mit dem Buch wurden eine zweisprachige CD-ROM und ein Begleitheft herausgebracht. Der hochbetagte Autor des Tagebuchs, Herr Professor László Kiss und der ungarische Bildungsminister, Herr Dr. Bálint Magyar, waren bei der Vorstellung des Buches zugegen.
Wie die anderen Projekte, so vereinigt auch dieses Projekt mehrere Bereiche des Erwerbs von Wissen und Fertigkeiten. Die SchülerInnen lernen die mit bestimmten Orten verbundenen historischen Ereignisse kennen, und sie dokumentieren gleichzeitig den gegenwärtigen Zustand dieser Orte durch Bilder. Sie geben ihr Wissen weiter, indem sie Führungen auf Ungarisch und Englisch durchführen. Die Fotos werden in Ausstellungen, Veröffentlichungen und Webseiten zusammengestellt. Das Thema des Projekts bietet Gelegenheit für gemeinsame Projekte mit anderen Schulen. In diesem Zusammenhang teilen die SchülerInnen die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Lokalgeschichte, zeigen sich gegenseitig die Baudenkmäler, die einen Bezug zu jüdischer Geschichte und zum Holocaust haben und tauschen Dokumentationsmaterial aus (Fotos, Dokumente, CDs, Videos). Wir führen sowohl mit ungarischen (Veszprém, Mezoberény) als auch mit ausländischen Schulen (Warschau, Wien) gemeinsame Projekte durch.
(Unterstützt durch die Vereinigung jüdischer Gemeinden in Ungarn)
Wir möchten dem Gebäude seine geistliche Würde zurückgeben und gleichzeitig das Dorf auf seine ursprüngliche heilige Funktion hinweisen, die im Widerspruch zum gegenwärtigen traurigen Zustand steht. Unser einwöchiger Aufenthalt im Dorf schafft Gelegenheit für Kontakte mit den Bewohnern, die so einen Einblick in das Leben einer modernen jüdischen Schule erhalten, mit jüdischen Traditionen bekannt werden und den jüdischen Teil ihrer Dorfgeschichte zu würdigen lernen. Nach unserer Erfahrung ist dies die wirksamste Methode zur Bekämpfung von Antisemitismus. Zum Abschluss des Projekts gibt es im Lauf des ersten Schulhalbjahrs eine Fotoausstellung und eine Filmaufführung mit Dokumentationsmaterial aus der Arbeit des Camps. Das Material unserer Fotoausstellungen ist von mehreren anderen Schulen für Unterrichtsstunden zum Holocaust and für Gedenktage verwendet worden. (Unterstützt durch die Conference on Jewish Material Claims / Rabbi Israel Miller Fund)
Eine Gruppe von 8-10 SchülerInnen übernimmt die Planung und Organisation des jährlich wiederkehrenden, mit jüdischen Gedenktraditionen verbundenen Holocaust-Gedenktages, dessen Gestaltung und Inhalte sich aber von Jahr zu Jahr ändern. Das oberste Anliegen des Gedenktages ist es der Opfer zu gedenken, und dieses Ziel wird durch jedes Jahr neue zentrale Themen erreicht: So wird z.B. ein Gedenkraum mit Objekten und Bildern eingerichtet, die einen Bezug zum Holocaust haben, Schulklassen treffen Überlebende und reden mit ihnen, es wird gemeinsam ein Objekt hergestellt, das einen Bezug zum Holocaust hat usw. Die unveränderlichen Rituale des Erinnerns bilden den Rahmen des Gedenktages und verleihen ihm emotionales Gewicht.
Seit 2002 veranstaltet die Schule jährlich ein Fachtreffen von Vertretern derjenigen Organisationen und Institutionen, die sich in Ungarn der Holocausterziehung widmen. Das Hauptziel dieser Veranstaltungen besteht im Austausch von Informationen über die jeweiligen Aktivitäten im vergangenen Jahr und in der Vorbereitung weiterer Zusammenarbeit.
Am Ende sollte noch erwähnt werden, dass unsere Schule im Frühjahr 2004 eine Konferenz zur Holocausterziehung für Sekundarschullehrer/innen und andere Interessierte durchgeführt hat. Einer der Programmpunkte dieser Konferenz war die Präsentation von Projekten durch die Schüler/innen.