Als der junge amerikanische Publizist Varian Fry 1940 im Auftrag des Emergency Rescue Committee (ERC) - einer privaten Fluchthilfeorganisation - in Marseille eintrifft, hat die deutsche Wehrmacht schon weite Teile Frankreichs besetzt. Aufgrund des Waffenstillstandsvertrages waren alle in Frankreich lebenden Deutschen „auf Verlangen auszuliefern“. Dies bedeutete das faktische Ende des politischen Asyls in Frankreich für viele deutsche Flüchtlinge.
Varian Fry und seinem Centre Américain de Secours (CAS) gelingt es rund zweitausend Menschen aus Südfrankreich in die Freiheit zu lotsen. In seinem auch illegal agierenden Büro werden Gelder akquiriert, Schiffspassagen besorgt, Visa und Pässe gefälscht und geheime Fluchtrouten über die französisch-spanischen Pyrenäen organisiert.
Einige der bekanntesten deutschsprachigen Intellektuellen können Varian und seine Helfer und Helferinnen in Marseille vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten retten - zu den bekanntesten zählen die Schriftsteller Lion Feuchtwanger, Franz Werfel, Heinrich Mann, Leonhard Frank, Hertha Pauli, Walter Mehring und Franz Schoenberner, die Pianistin Wanda Landowska und die Künstler Max Ernst und Eugen Spiro. Doch nicht nur diese Prominenten erfuhren Hilfe von Fry.
Das Büro half auch jenen, die aufgrund ihres antifaschistischen, sozialistischen oder kommunistischen Engagements gesucht oder die als Juden verfolgt wurden: die jüdische Sozialistin Gisela Peiper, ihr späterer Mann, der Metallarbeiter Paul Konopka, die jüdische Stadtoberschulärztin Minna Flake oder die jüdische Sozialwissenschaftlerin Hanna Grunwald-Eisfelder.
Eine Ausstellung in der Akademie der Künste im Jahr 2007 inszenierte die Stationen der Flucht anhand historischer Dokumente, Hörstationen, Fotos und der Lebenszeugnisse von Rettern und Geretteten. Der zweisprachig (deutsch-englisch) verfasste Katalog dokumentiert ausführlich die Geschichte dieses jungen Amerikaners, der im Sommer 1940 nach Frankreich eilte, um - ohne zu zögern und nicht ohne Gefahr für das eigene Leben - eine gigantische Rettungsaktion zu starten.
Der Ausstellungskatalog, den das Aktive Museum Faschismus und Widerstand in Berlin e.V. in Kooperation mit der Akademie der Künste erarbeitet hat, enthält viele der ausgestellten Fotos und Dokumente. Sie geben einen Einblick in das künstlerisch-kulturelle Schaffen der Flüchtlinge in der Weimarer Republik, die Stationen ihrer Flucht, private Briefe und Tagebuchnotizen. Neben Leben und Wirken von Varian Fry werden auch seine Mitstreiter aus dem Komitee der Öffentlichkeit vorgestellt ohne die diese gigantische Fluchthilfe nicht hätte organisiert werden können.
Der Ausstellungskatalog ist über die Geschäftsstelle des Aktiven Museums erhältlich.