Bereits Ende der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wies der Künstler und Lehrer am Dessauer Bauhaus, Làzló Moholy-Nagy, auf die Bedeutung der Fotografie für die gesellschaftliche Kommunikation mit der vielzitierten These hin: „nicht der schrift-, sondern der Fotografie-Unkundige wird der analfabet der zukunft sein“. In der Folgezeit sorgte vor allem die illustrierte Presse für die Entwicklung und steigende Popularität des Fotojournalismus. Mit den heutigen Möglichkeiten der Digitalisierung und globalen Verbreitung von Bildern im Internet überflügelt die tägliche Bilderflut bereits die gesprochene und gedruckte Nachrichtenvermittlung. Bilder dokumentieren keineswegs nur objektive Sachverhalte. Mit Bildern kann auf vielfältige Weise wirkungsmächtig Politik gemacht werden.
Für das 21. Jahrhundert gilt, so der Autor, dass das Produzieren, Distribuieren und Konsumieren von bewegten und stehenden Bildern wesentliche Merkmale der globalen Medien und Informationsgesellschaft sind.“ Ihm geht es daher in der vorliegenden, für die Unterrichtspraxis verfassten Studie um die Kompetenzförderung der Konsumenten für eine reflektierte Bildrezeption.
Der Einsatz von Bildern in der historisch-politischen Bildung muss mehr sein als ihre lediglich kognitive Ein- und Zuordnung. Sein zentrales Anliegen ist es, die Reflexion über historisch-politische Fotografien zu kultivieren. Der didaktische Weg dorthin bedeutet „Sehen lernen“. Bereits Form und Eigenschaft der eines Fotos legen Deutungen nahe.
Die vorliegende Studie umfasst 7 Kapitel. Nach einem Forschungsüberblick, wie sich Geschichtsschreibung und Geschichtsdidaktik der historischen Bildwelt zugewandt haben, wird die gedächtnis- und lernpsychologische Bedeutung von Bildern thematisiert sowie die Funktion des Fotos als Abbild und Quelle. Anschließend wird exemplarisch die semantische und rezeptionsästhetische Bedeutung der Form an fünf Fotobeispielen im Detail erläutert sowie die wichtige Rolle des Kontexts bei der Vergangenheitsdeutung anhand von ikonografischen Aufnahmen wie z.B. das Torhaus von Auschwitz-Birkenau, der Landeanflug eines US-„Rosinenbombers“ in Berlin Tempelhof während der Berliner Blockade 1948 oder das napalmverbrannte vietnamesische Mädchen 1972 im Vietnamkrieg. Das abschließende sechste Kapitel rekurriert auf die didaktischen Überlegungen des zweiten Kapitels über die Entwicklung von Bildkompetenz für heutige Lernende und stellt Methoden für den historisch-politischen Unterricht vor.
Der umfangreichen Anhang enthält eine Vielzahl von ergänzenden Abbildungen zu den theoretischen Kapiteln sowie umfangreiche weiterführende Literatur- und Quellenangaben auch im Internet. Der Band ist für die Praxis sehr empfehlenswert!
Der Autor, Dr. Christoph Hamann, ist Historiker und Referent für Geschichtswissenschaften am Landesinstitut für Schule und Medien, Berlin Brandenburg (LISUM) Die vorliegende Arbeit ist eine Synthese seiner bisher vorgelegten fotohistorischen Forschungen und Publikationen.