Derzeit wird intensiv darüber diskutiert, wie es angesichts der wachsenden zeitlichen Distanz gelingen kann, die Auseinandersetzung mit der Zeit des Nationalsozialismus lebendig zu halten. In der schulischen und außerschulischen Bildung, in Gedenkstätten und Museen, aber auch in den Medien und in der Politik wird nach zukunftsweisenden Wegen des Erinnerns und Gedenkens gesucht.
Erinnerungskulturen entwerfen immer eine nachträglich konstruierte Sicht auf Vergangenheit, wobei diese Vergangenheitsbezüge gleichzeitig eine unabdingbare Grundlage für kulturelle Identität und Stabilität eines politischen Gemeinwesens sind. Die Autorinnen und Autoren des Sammelbandes stellen die Frage, ob Wissen und Kenntnisse "historischer Tatsachen" im Zentrum der historisch-politischen Arbeit stehen sollen oder der Blick auf die Bedingungen der Wissens- und Tatsachenproduktion.
Erinnerungskulturen spiegeln gesellschaftliche Verhältnisse, Auseinandersetzungen und Problemlagen wider. Hierzu gehören geschlechtsspezifische Perspektiven, die Frage nach der Teilhabe von Migrantinnen und Migranten und nicht zuletzt die Debatte um den Ansatz einer Pädagogik der Menschenrechte. 29 Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Dänemark, Norwegen, Polen und Frankreich stellen europäische Perspektiven und aktuelle Ansätze vor. Sie regen die Diskussion darüber an, welche gesellschaftlichen Funktionen Erinnerungskulturen haben, wie historisch-politische Bildung wirkt und welche Intentionen dahinter stehen.