Der Autor, Professor für Geschichte an der Universität Konstanz, gibt einen zusammenfassenden Überblick über die zahlreichen mit dem Begriff Genozid verbundenen Deutungen und Kontroversen, verweist auf Instrumentalisierungen und definiert Unterschiede zu Massakern, ethnischen Säuberungen und staatlichen Gewaltverbrechen.
Er schildert rückblickend die Schwierigkeiten, Völkermord in der UN Charta begrifflich zu fassen, behandelt exemplarisch als "eindeutige Völkermorde" (seiner Meinung nach) den an den Armeniern im Osmanischen Reich, die nationalsozialistischen Genozide und Ruanda 1994. Als "Fälle mit Genozidverdacht" ordnet er Deutsch-Südwestafrika, die stalinistischen Massenmorde sowie die der Khmer Rouge ein und behandelt dann Zusammenhänge von Massenmord und Rassismus sowie Demokratie und Diktatur.
Abschließend stellt er die Frage nach Frühwarnsignalen, die entstehende Genozide erkennen lassen, und Präventionsmöglichkeiten. Sein Fazit ist eher pessimistisch dahingehend, dass seiner Meinung nach Friedenssicherung Genozide nicht stoppen kann.
Nationalsozialismus und Holocaust werden mit der zeitlichen Entfernung integraler Teil des Geschichtsbewusstseins und öffentlichen Gedenkens. Konzentrierte sich die Auseinandersetzung mit Vergangenheit bisher ausschließlich auf diese Epoche und den Holocaust als einzigartiges Geschehen, so hat sich im Laufe der letzten Jahre die Perspektive erweitert und bezieht andere vergleichbare Phänomene des 20. Jahrhunderts mit ein.
Die zahlreichen Genozide und staatlichen Gewaltverbrechen des letzten Jahrhunderts werden verstärkt im Kontext der Ermordung der europäischen Juden analysiert, nicht zuletzt, weil das Morden trotz der 1948 von den Vereinten Nationen beschlossenen Genozidkonvention bis in die jüngste Vergangenheit weiterging . Dieser dritte Band der Reihe „Konzepte und Kontroversen” , der die wesentlichen Beiträge einer Internationalen Konferenz im März 2003 in Berlin enthält, die u.a. vom Georg Eckert Institut Braunschweig und der Stiftung Topographie des Terrors Berlin veranstaltet wurde, will Anregungen geben, wie man auf theoretischer und praktischer Ebene mit dem ebenso realitätsrelevanten wie schwierigen Thema "Genozide und staatliche Gewaltverbrechen" umgehen kann.
In diesem Band geht es um universale Fragen nach den Gründen und Folgen von Genoziden, den Legitimationsversuchen, Erinnerung und Verdrängung. Behandelt werden der Vernichtungskrieg in der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika 1904 bis 1908 gegen die Herero und Nama, der Völkermord an den Armeniern 1915/16, der spanische Giftgaskrieg in Marokko 1922 bis 1927, die vergessenen Kriegsverbrechen des faschistischen Italien in Afrika, das Massaker der japanischen Armee im chinesischen Nanking 1937 und am Beispiel Jedwabne die Mitwirkung von Polen am Mord an den Juden.