Die Geschichte der deutschen Minderheiten in Ost- und Südosteuropa im 20. Jahrhundert ist noch immer ein unzureichend erforschtes und weitgehend unbekanntes Teilgebiet der europäischen Geschichte. Insbesondere das Verhalten der so genannten Volksdeutschen gegenüber Deutschland während der NS-Zeit und im Zweiten Weltkrieg ist immer wieder ideologisch belastet gewesen und kontrovers diskutiert worden.
Während die osteuropäischen Staaten in ihnen vor allem Sympathisanten und Kollaborateure des NS-Regimes sahen, wurde von der Bundesrepublik mit der Geschichte der Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg argumentiert. Was aber ist objektiv über das Verhalten der in diesen Regionen Europas zu erfahren? Für das Land Rumänien, das seit Beginn 2007 Mitglied der EU ist und damit seine Rückkehr nach Europa feierte, gewinnt auch die Geschichte der Rumäniendeutschen in der jüngsten Vergangenheit neu an Interesse.
Der vorliegende Band ist eine an der Berliner Humboldt Universität entstandenen Dissertation, die auf breiter und neu erschlossenen Quellenbasis beruhend als ernst zu nehmende Untersuchung über ein wenig bekanntes, gleichwohl "unrühmliches Kapitel" der Geschichte der Rumäniendeutschen, der deutsch-rumänischen Geschichte als auch jener SS-Einheiten.
Die erste und zugleich die größte SS-Auslandsrekrutierung fand unter den in Rumänien statt. Der freiwillige Eintritt in die Waffen-SS kann, so der Befund des Autors Paul Milata, dabei nicht nur als eine Unterstützung Nazi-Deutschlands trotz oder wegen Hitlers gewertet werden, sondern auch als Reaktion auf den rumänischen Nationalismus und das sowjetische System stalinistischer Prägung. Die Rekrutierung der Deutschen Rumäniens zählt mit rund 63.000 "Freiwilligen" zu den erfolgreichsten überhaupt.
Ihre Zugehörigkeit zur Waffen-SS markiert den Wendepunkt in der Geschichte der Rumäniendeutschen. Sie war die Voraussetzung dafür, dass ein Teil von ihnen nach dem Krieg in Westeuropa bleiben konnte bzw. aus der Kriegsgefangenschaft nicht nach Rumänien zurückkehrte. In chronologische Abfolge von neun auch sprachlich klar und leserfreundlich formulierten Kapiteln behandelt Milata nach einer einleitenden Darstellung der politischen und wirtschaftlichen Situation in Rumänien zwischen 1919 und 1939 und ihrer Auswirkungen für die deutsche Minderheit eingehend die verschiedenen Phasen der SS-Rekrutierung, die Ausbildung der Rumäniendeutschen SS-Divisionen und ihren Einsatz an der Front, in Polizei-Einheiten, KZ-Wachmannschaften und SD-Einsatzgruppen.
Er legt überzeugend dar, aus welchen Motivationen die Rumäniendeutschen die Waffen-SS-Einheiten gegenüber der rumänischen Armee bevorzugten, wo sie eingesetzt wurden und inwiefern sie an Kriegsverbrechen beteiligt waren. Der Autor überzeugt durch seine insgesamt differenzierte und abgewogene Erörterung der Thematik und auch dadurch, dass er dem unangenehmsten Kapitel der Verwicklung der Rumäniendeutschen SS-Männer in Kriegsverbrechen (etwa 2000 ) - als Soldaten in SS-Divisionen oder KZ-Wachmannschaften - nicht ausweicht und kurz auch auf das Schicksal der Gefangenen eingeht. Er hinterfragt kritisch das Selbstbild der Betroffenen, die sich nach dem Krieg mit einer angeblichen Unwissenheit des KZ-Personals oder auch mit der überdurchschnittlichen Gefallenenrate zu exkulpieren suchten.
Etwa 46 000 Rumäniendeutsche Angehörige der Waffen-SS überlebten den Krieg, davon kehrten aber nur etwa 7 bis 33 Prozent in die Heimat zurück. Nur sehr wenige wurden nach dem Krieg verurteilt, z.B. der Arzt Fritz Klein zum Tode und der Apotheker Victor Capesius erst im Frankfurter Auschwitz-Prozess 1965 zu neun Jahren Haft, jedoch 1968 vorzeitig entlassen.
Die Darstellung wird ergänzt durch einen ausführlichen Anhang mit Kurzbiografien der wichtigsten Personen, Orts-, Personen- und Sachregister sowie Darstellung der Quellenlage, dem Quellen- und Literaturnachweis und einer prägnanten Zusammenfassung der belegten Thesen. Milatas Buch ist das nun vorliegende Grundlagenwerk zur Geschichte der Rumänien-Deutschen im Zweiten Weltkrieg. Auszug aus einer englischsprachigen Rezension: "Not only is the work well written, but it also has the additional value of being one of the very first works on a very intriguing topic. [...] Currently, this work represents a milestone on the topic, substantially advancing our knowledge and will provide the obvious starting point for people interested in reading about it." (East Central Europe)