Zivildienst in einer Begegnungsstätte in Polen? Das stand auf der Wunschliste des deutschen Freiwilligen der Aktion Sühnezeichen/ Friedensdienste nicht ganz oben – war aber die einzig freie Stelle, die er noch bekommen konnte. In Oswiecim, dem Ort, der unter seinem deutschen Namen Auschwitz weltweit als Ort des größten Konzentrations- und Vernichtungslagers der Nationalsozialisten bekannt ist, soll sich Sven um den polnischen KZ- Überlebenden Krzeminski kümmern, der den Besuchern der heutigen Gedenkstätte und Jugendgruppen in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte als Zeitzeuge von seinen Erfahrungen im Lager erzählt und als Beschäftigung Koffer der ermordeten Opfer für das Museum restauriert.
Sven wird nicht nur mit fremder Sprache und Umgebung, ungewohnten Aufgaben und der historischen Bedeutung des Ortes konfrontiert, sondern auch mit der alltäglichen Routine des Umgangs mit der NS-Vergangenheit. Sven lernt im Museum der Gedenkstätte die polnische Dolmetscherin Ania kennen, die dort Touristengruppen führt. Durch sie bekommt er damit auch Einblick in normale Leben in der Stadt Oswiecim jenseits des Gedenkortes, an dem nichts normal ist.
Er ist konfrontiert mit Empfindlichkeiten, Vorurteilen und Tabus auf der einen Seite und Gedenkstätten-Tourismus auf der anderen und ist verunsichert über seine Gefühle und Rolle als Deutscher an diesem Ort. Als Ania, die sich danach sehnt die Kleinstadt zu verlassen, ein Stipendium zur Ausbildung als EU-Dolmetscherin in Brüssel bekommt, beschließt Sven enttäuscht über seine Misserfolg den Zivildienst abzubrechen. Mit gepackten Koffern steht er am Bahnhof. Doch am Ende kommen Touristen, wie jeden Tag, und Sven, nach dem Weg zum Museum gefragt, entscheidet sich ihnen behilflich zu sein und zu bleiben.
Das 26 Seiten umfassende Filmheft enthält eine Beschreibung des Inhalts, der Filmcharaktere, eine ausführliche Erörterung der Problemstellung des Films, eine Analyse der Erzählstruktur, Kameraführung und Bildgestaltung sowie von Schnitt/Montagetechnik und der Musik. Für den Einsatz im Unterricht wird eine Auflistung der einzelnen Sequenzen/ Szenen mit einer exemplarischen Sequenzanalyse angeboten, darüber hinaus Fragen zu Inhalt, Charakteren, des Plots, einzelnen Szenen, der Filmsprache und den Materialien im Anhang: Auszüge aus Publikationen über Begegnungen mit Zeitzeugen, Auschwitz heute als Erinnerungsort, die Geschichte der Stadt Oswiecim.
Eine Zeittafel mit ausgewählten Daten zur deutsch-polnischen Geschichte, Vorschläge für unterrichtliche Nutzung des Films in den Fächern Deutsch, Geschichte/Politik, Musik, Ethik/ Religion sowie Literaturhinweise und Links runden diese Handreichungen für Medienbildung ab. Auch wenn der Film für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren empfohlen wird, ist er erst für Schüler der Sekundarstufe II empfehlenswert bzw. auch von diesen keineswegs einfach zu verstehen.
„Am Ende kommen Touristen“ ist der zweite Spielfilm des Regisseurs Robert Thalheim. Er wirft damit provokative Fragen zum heutigen Umgang mit Orten der Erinnerung an die NS-Vergangenheit auf, und das nicht zufällig: Er selbst war Zivildienstleistender der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste in der Internationalen Jugendbegegnungsstätte im polnischen Oswiecim. Obwohl die Geschichte fiktional und nicht autobiografisch ist, merkt man, dass Thalheim weiß, wovon er spricht.
Der 32-jährige Thalheim hat sich in der deutschen Filmszene schon einen Namen gemacht. Sein erster langer Spielfilm „Netto“ entstand noch während seines Studiums an der Hochschule für Film- und Fernsehen Konrad Wolf in Potsdam-Babelsberg und gewann bei der Berlinale 2005 in der Reihe „Perspektive Deutsches Kino“ den Jurypreis. Von den Organisatoren der Filmfestspiele in Cannes wurde „Am Ende kommen Touristen“ in Cannes in der Kategorie „un certain regard“ 2007 uraufgeführt und erhielt weitere Auszeichnungen: 2007 beim Filmfest München sowie den Förderpreis deutscher Film in der Kategorie Schauspiel.
Weitere Informationen zu den Filmheften der Bundeszentrale: http://www.bpb.de
Autor des Filmheftes: Philipp Bühler. Bestellnummer. 3152 ( Bereitstellungspauschale € 1)