Am 30. April 1945 wurde das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück von sowjetischen Truppen befreit. Zwischen 1939 und 1945 waren dort rund 132.000 Frauen, Kinder und Männer inhaftiert - Zehntausende wurden ermordet.
Auf dem Webportal http://www.bpb.de/themen/SHJ187 der Bundeszentrale für politischen Bildung erzählen 16 Überlebende des Frauen-KZs Ravensbrück und des Jugend-KZs Uckermark ihre Geschichte: Sie berichten unter ca. 30 verschiedenen Themenbereichen vom entwürdigenden Lageralltag, den täglichen Zählappellen und den "Existenzbedingungen" im Lager, der Zwangsarbeit, vom Zellenbau und von ihren Todesängsten sowie von der gegenseitigen Solidarität unter den Häftlingsfrauen.
Die Audio-Interviews mit den Überlebenden sind in den Jahren 2000 bis 2004 entstanden. Sie wurden fast alle von Ebba Rohweder geführt. Die Berichte der 16 Überlebenden sind Anlass und Basis des audiovisuellen Projektes in Form eines Flash-Films. Diese "visuelle Erinnerung" erhebt keinen dokumentarischen Anspruch, sondern verdichtet das Erzählte auf eine emotional-assoziative Weise. Dabei geht es einerseits um die Spurensuche an einem Ort, der nicht mehr viel über die furchtbaren Geschehnisse verrät. Andererseits löst sich die visuelle Interpretation von dem konkreten Ort, um die eigene Kraft der Frauenstimmen zu betonen. Sie arbeitet mit aktuellen und historischen Aufnahmen von Ravensbrück, aber auch bewusst mit assoziativem Bildmaterial bestehend aus historischem und abstraktem Fotomaterial.
Diese künstlerische Gestaltung des Dossiers kann zur Schwierigkeit in der pädagogischen Arbeit werden. Zum einen sind die in einer losen Anordnung stehenden Oberthemen, zu denen die Zeitzeuginnen berichten, für Jugendliche möglicherweise eher zu unübersichtlich angeordnet. Zum anderen enttäuscht die Gestaltung der Filme die Erwartungen der Jugendlichen nach historischen Fotos, Filmausschnitten oder der Abbildung der Interviewten. Mit einer Kontextualisierung der Erzählungen durch die auf dem Webportal verfügbaren Biographien der Überlebenden sowie die Geschichte des KZ Ravensbrück kann mit dieser Schwierigkeit jedoch produktiv umgegangen werden. Liegt doch in der künstlerischen Gestaltung der Filme auch eine große Stärke dieser Dokumente. Sie liefern Anlass, über die eigenen Bilder im Kopf zu sprechen, sich über die Vorstellungen auszutauschen, die entstehen, wenn man den Erzählungen zuhört.
Das Webdossier der Bundeszentrale enthält neben den Filmen Angebote, die SchülerInnen der Oberstufe/ Sekundarstufe II helfen können, sich selbstständig die Geschichten der Frauen zu erschließen. Dazu gehören spezifisch zum Ort des KZ Ravensbrück Informationen über die Geschichte des Lagers unter: http://www.bpb.de/themen/3L5CE9,0,0,Jeder_Tag_dort_war_wie_die_Unendlichkeit_.html oder http://www.bpb.de/themen/4AQC5R,0,0,Mahn_und_Gedenkst%E4tte_Ravensbr%FCck.html, sowie Lagepläne, eine Zeitleiste und ein umfangreiches, einfach verständliches Glossar.
Violet Lecoqs Zeichnungen illustrieren die Erzählungen der Frauen aus der Perspektive einer ehemaligen Gefangenen. Diese Perspektive könnte auch zur Diskussion über die Täter/innensicht der Fotos, welche für die Zeit vor der Befreiung der Lager von diesen zur Verfügung stehen, anregen. Unter der Rubrik Nationalsozialismus stehen umfangreiche Texte aus der Reihe „Informationen zu politischen Bildung“ zur Geschichte des Nationalsozialismus zur Verfügung.
Insgesamt beinhaltet das Dossier nicht nur umfangreiches Material für den Geschichtsunterricht sondern kann mit seiner künstlerischen Gestaltung auch anregend für einen fächerübergreifenden Unterricht oder eine nichtfachbezogene Bildungsarbeit sein, die sich der Geschichte des Nationalsozialismus künstlerisch zu nähern versucht.
Informationen zur Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück unter: http://www.ravensbrueck.de/mgr/deutsch/home/