Das Buch ist der Begleitband zu einer neuen Dauerausstellung im Volkskundemuseum der „Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf.“ Zentrum der Ausstellung „Schleswig-Holsteinische Erinnerungsorte“ ist die Landesgeschichte. Gezeigt werden herausragende Stationen der jüngeren Zeitgeschichte mit Objekten, Fotos, Filmen, Tondokumenten und Texten. Die Ausstellung und der Begleitband folgen einem interdisziplinären Ansatz, Volkskundler, Historiker, Soziologen, Literaturwissenschaftler und Kunsthistoriker mit Beiträgen zusammenzubringen.
Angeregt durch die erinnerungspolitischen Diskurse der letzten Jahre sowie das 2001 erschienene dreibändige Werk „Deutsche Erinnerungsorte“ wollen die Herausgeber Gedächtnis- und Identitätsgeschichte an der Regionalgeschichte Schleswig-Holsteins darstellen, ein Land, das sich durch häufige Teilungen auszeichnet. Das Bundesland Schleswig-Holstein kann in seiner heutigen Verfasstheit als deutsches Bundesland auf nur sechzig Jahre Geschichte zurückblicken. Die Menschen, Träger des kollektiven Gedächtnisses, sind keine homogene Bevölkerung von Nachfahren ehemaliger Wikinger oder wehrhafter Dithmarscher Bauern. Nach dem Zweiten Weltkrieg brachten Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten - Ostpreußen, Pommern und Schlesien - ihre Erinnerungen mit. Die starke Identifikation der Menschen im Norden mit ihrem Land zeigt sich gleichwohl an einer lebendigen Geschichtskultur in zahlreichen historischen Vereinen und Museen. Bezeichnend ist, dass auch die Hinzugekommenen sich heute engagiert mit der Landesgeschichte beschäftigen.
Bei dem Thema „Erinnerungsorte“ haben sich die Herausgeber und weitere 14 Autoren in ihren Essays auf die gut 150 Jahre der jüngsten Geschichte konzentriert, die mit den deutsch-dänischen Auseinandersetzungen, den beiden Weltkriegen, dem Nationalsozialismus und der Integration hunderttausender Neubürger nach 1945 in Konflikten und Umbrüchen das Land geprägt hat. Zwei Aspekte waren für die Auswahl der Themen leitend: Alle Bereiche der kollektiven Erinnerung, nicht nur die politische Ereignisgeschichte sollte behandelt werden, sondern auch die Geschichtsmythen. Die Landschaft ist durch den „Deich“ vertreten, die Kultur mit den „Buddenbrooks“, Der Geschichtsfelsen „Nationalsozialismus“ steht in engem Zusammenhang mit einer ganzen Reihe hier präsentierter Erinnerungsorte. Es wird erzählt von der „Euthanasie“ an behinderten Kindern, der Synagoge in Rendsburg, dem Zusammenleben von Juden und Nichtjuden, die Indienststellung von NS-Propaganda für die Landgewinnung beim Bau des „ Adolf Hitler Koog“ und den „Nissenhütten“ für die Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg. Der vorgelegte Band versteht sich nicht als geschlossene Sammlung, sondern vielmehr als Anfang. Indem die Alltagskultur des Landes Schleswig-Holstein ins Zentrum einer Ausstellung gestellt wurde, werden auch die bisherigen Sammlungsbestände einer Neubewertung unterzogen und ergänzt. Die Ausstellung im Volkskundemuseum in Schloss Gottorf und die Lektüre des hier vorgestellten Begleitbandes laden überzeigend dazu ein, die Erinnerungslandschaft Schleswig-Holstein zu entdecken.