Der Dokumentarfilm „Bei uns ist das so – Roma in Berlin-Friedrichshain“ beleuchtet die Lebenswirklichkeit jugendlicher Rom_nja in Berlin-Friedrichshain. Wie die Filmemacher_innen in der Beschreibung angeben, geschieht dies, indem „die individuelle Lebenswirklichkeit und das Selbstbild jugendlicher Roma“ dargestellt wird. Ausgrenzungs- und Diskriminierungserfahrung sowie der daraus folgende Umgang mit dem Alltag sind nach Angaben der Macher_innen eingefangen und im Hinblick aufs Erwachsenwerden festgehalten worden.
Wie sehen diese Vorhaben in der Umsetzung auf? Es kommen ganz unterschiedliche Personen zu Wort, die über ihr alltägliches Leben als Rom_nja in Berlin berichten und den Zuschauer_innen einen Einblick geben, was es bedeutet, Rom_nja zu sein. So erläutert Adriana Yordanova, welche Diversität es innerhalb der Rom_nja gibt. Die Kultur wird heterogen gelebt. In der im Film begleiteten Gruppe hingegen findet sich eine recht homogene Vorstellung von der Rom_njakultur. Diese kommen, wie von mehreren Protagonist_innen erläutert wird, nahezu alle aus demselben Dorf nahe Bukarest. Die Informationen werden nicht allein durch Erzählungen, sondern durch die Form des Interviews gewonnen.
Auch der Frage, warum Rom_nja aus Rumänien nach Deutschland kommen, wird im Film nachgegangen. LKW-Fahrer Marcel P. etwa spricht davon, dass er seiner Familie ein besseres Leben ermöglichen möchte. Auch der Schüler David erzählt, dass dies die Motivation gewesen sei. Bereits an dieser Stelle gewinnt die Dokumentation, da sie die Aussagen der Protagonisten in ihre persönlichen Emotionen bettet und allein ihre Geschichten sprechen lässt. Deutlich wird zudem, dass die Entscheidung meist von den Familien, nicht von den Einzelnen getroffen wird.
Über die Wohnsituation berichtet Straßensozialarbeiterin Daniela Telleis. Der Wohnblock – ein altes Hotel – wird nahezu ausschließlich von Rom_nja bewohnt. Wie Marcel P. berichtet, wird das Haus aufgrund seines „Zigeunertums“ oft misstrauisch beäugt. Besonders die vielen Kinder fielen auf und würden Aufmerksamkeit erregen. Die Filmemacher_innen unterstreichen diese Aussagen mit Aufnahmen von dem Haus und etlichen Kindern, die vor dem Haus spielen, vor der Kamera Grimassen ziehen oder sich um Daniela Telleis während eines Besuchs im Haus tummeln.
Zu Wort kommen weiter zwei jugendliche Romnja, die über die Situation der Frauen sprechen. Sie wirken emanzipiert und unabhängig von den Rollen- und Moralvorstellungen, von denen sie berichten. So hätten Frauen früher nicht arbeiten dürfen und für das häusliche Wohl des Mannes sorgen müssen. Dieses Denken sei zwar an manchen Stellen noch da, aber in der Praxis dürften eben nun die Frauen auch arbeiten gehen.
Auf Jugendliche und ihre Lebenswelt geht „Bei uns ist das so“ noch weiter ein und stellt den Jugendclub Feuerwache vor. Ebenfalls in Friedrichshain gelegen, nicht weit vom porträtierten Wohnblock, dient er ebenso als Anlaufstelle für die jugendlichen Rom_nja wie die offene Arbeit im Friedrichshainer Freiraumlabor. Die Filmemacher_innen begleiten die Jugendlichen, aber auch jüngere Kinder dabei, wie sie die Angebote, etwa im Sportbereich ausprobieren. Der Film gewinnt auch hier wieder dadurch, dass er nur von seinen Protagonist_innen kommentiert wird. Zudem sprechen die Bilder für sich, etwa wenn im Jugendclub Billard gespielt wird oder ein Mädchen auf Inlinern vorbeisaust. Eine wichtige Aussage bleibt im Kopf. Ein junger Rom wird gefragt, was er sich von den Leuten wünscht. Seine Antwort: Nicht mehr als „Zigeuner“ beleidigt zu werden.
„Bei uns ist das so – Roma in Berlin-Friedrichshain“ überzeugt vor allem durch seine Protagonist_innen, die dem Film eine hohe Authentizität verleihen. Sie und die Filmemacher_innen ermöglichen einen Blick in einen Lebenskreis, der vielen verschlossen erscheint. Er appelliert zudem, sich selbst und die eigenen Vorurteile verstärkt zu hinterfragen. Daher ist er nicht nur für Menschen, die in der Friedrichshainer Nachbarschaft wohnen interessant, sondern für alle, die sich dem Leben und Alltag von Rom_nja nähern möchten. Im Unterricht kann der Dokumentarfilm als Einstieg zur Auseinandersetzung mit gesellschaftlicher Vielfalt und ähnlichen Themen genutzt werden.
Gedreht im Jahr 2017, feierte „Bei uns ist das so“ im April 2018 Premiere. Der Film ist über die Seite der Produktionsfirma Rokinc bestellbar. Dort werden auch Hintergrundinformationen sowie die hier rezensierte Kurzfassung der Dokumentation zur Verfügung gestellt.