Das Dossier „inklusiv politisch bilden“ der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) zeigt Möglichkeiten auf, in der politischen Bildung Menschen zu erreichen, „die aufgrund von Behinderung, sozialer Stellung, Zuwanderungs- oder Bildungsgeschichte ausgegrenzt sind“. Neben Informationen zum Thema Inklusion bietet das Dossier Print-, Online- und Videomaterialien, die einen einfachen Zugang zu Themen aus Politik und Gesellschaft darstellen. Ergänzend wird auf weiteres Wissenswertes wie Projekte und Veranstaltungen zum Thema Inklusion verwiesen. Die Vielfalt der gebotenen Materialien ist eine große Stärke des Dossiers, macht es jedoch auch unmöglich, jede einzelne Unterseite ausführlich zu besprechen. Daher sind einzelne, signifikant erscheinende Punkte ausgewählt worden.
Das Dossier ist über die Homepage der Bundeszentrale für politische Bildung zu erreichen. Auf der Startseite wird der zu Beginn genannte Anspruch des Dossiers erklärt und was Benutzer_innen inhaltlich erwarten können. Dabei kann sowohl über ein an der Seite fixiertes Menü navigiert werden als auch durch Aufführung der thematischen Unterteilung auf der Startseite. Diese wird durch Scrollen durch die Seite sichtbar. Durchgehend werden die Angebote durch Verweise und Anzeigen zu entsprechenden (Unterrichts-) Materialien ergänzt. Teilweise sind sie direkt als PDF-Download verfügbar oder können über die bpb bezogen werden.
Ein großer Theorieteil unter dem Titel „Politische Bildung für alle“ bietet Antwortmöglichkeiten auf die Fragen, was Inklusion überhaupt ist und wie politische Bildung alle Mitglieder einer Gesellschaft einschließen kann. Entsprechend der Vielfältigkeit des Begriffes Inklusion und des weit gefassten Verständnisses im Dossier bietet die Redaktion um Wolfram Hilpert drei unterschiedliche Ansätze. So werden einführend Anja Besand und David Jugel zitiert. Sie verstehen Inklusion als einen in allen gesellschaftlichen Teilbereichen vernetzt verlaufenden Wandlungsprozess, der darauf abziele, jedem Menschen in allen gesellschaftlichen Lebensbereichen auf Grundlage seiner individuellen Bedarfe Zugang, Teilhabe und Selbstbestimmung zu ermöglichen. Karl Ernst Ackermann ordnet Inklusion aus soziologischer Sicht als „eine gesellschaftspolitische Aufgabe“ ein. Aus behindertenpädagogischer Sicht sieht er Inklusion vor allem im Zusammenhang mit der UN-Konvention als Menschenrecht. Den Dreierreigen schließt Martin Kronauer, für den Inklusion vor allem über Partizipation stattfindet. Zusammen zeigten diese Definitionsansätze, so die Schlussfolgerung der bpb-Redaktion, dass unter Inklusion mehr zu verstehen sei als die Verwendung des Begriffes im Alltag nahelege. Gerade durch dieses vielfältige Verständnis von Inklusion gewinnt das bpb-Dossier, scheitert dabei jedoch nie an seinem Anspruch, detailreich und informativ zu sein.
Das Unterkapitel „Wege zur Inklusion“ soll aufzeigen, wie inklusive Bildung und die Förderung politischer Teilhabe aller in der Praxis aussehen können. Hierfür werden bereits durchgeführte oder laufende Projekte vorgestellt. So wird beispielsweise das Konzept der bpb-Reihe „einfach POLITIK“ erläutert. Anspruch dieser Reihe, bestehend aus Heften, Plakaten, Webseiten und Hörbüchern, ist es laut Wolfram Hilpert, Politisches in einfacher Sprache zu beschreiben und erklären. Hilpert beschreibt das Konzept der Reihe als „das Resultat eines intensiven Erarbeitungsprozesses“, welcher ausführlich dargelegt wird. Auch hierbei spielte die genaue Betrachtung des Inklusionsbegriffes eine entscheidende Rolle. Der Autor geht ebenfalls von einem weiten Inklusionsbegriff aus: „Eine politische Bildung, die die Teilhabe aller in einer demokratischen Gesellschaft fördern will, kommt nicht umhin, von diesem weiteren Inklusionsbegriff auszugehen und die Verengung, die der Begriff im schulpolitischen Diskurs erfahren hat, nicht mitzumachen.“ Zudem müsse stets der Komplementärbegriff der Exklusion mitgedacht werden. Nur so ließen sich mögliche Exklusionsprozesse vermeiden. Im sogenannten digitalen Zeitalter darf natürlich auch ein Kapitel über den Umgang mit Medien nicht fehlen. So findet sich unter der Überschrift „Inklusive Medienbildung“ neben einer aktuell gehaltenen Linkliste zum Thema (Stand laut bpb: 18. September 2018) die Auseinandersetzung mit der Frage, was Inklusion auf digitaler Eben bedeutet: Inklusion MIT digitalen Medien oder Inklusion IN die digitale Gesellschaft? An dieser Stelle kommt dem Dossier die Aufbereitung als Onlineplattform zu Gute, greifen die Redakteur_innen auf Beiträge aus einem anderen Homepagebereich (bpb Werkstatt) zurück. Allgemein ist das Format ein großer Vorteil. Es kann sich immer weitergeklickt werden, aufkommende Fragen werden überwiegend durch Unterpunkte oder Ergänzungen im Untermenü beantwortet.
Einige der größten Hürden für die Inklusion in der Praxis werden im Bereich der Sprache gesehen. Daher setzt die Redaktion mit dem Kapitel „Leichte Sprache, Einfache Sprache“ einen weiteren Schwerpunkt, der behutsam auf mögliche exkludierende Faktoren hinweist und Inklusion schaffen möchte. Dabei wird erklärt, was unter den beiden Konzepten zu verstehen ist und welche Unterschiede bestehen. Auch Kritik, wie sie etwa am Konzept der Leichten Sprache geübt wird, bleibt nicht unerwähnt. So stellt Bettina Zurstrassen auf Grundlage der Arbeit diverser Wissenschaftler_innen zur Debatte, „ob Leichte Sprache mit ihrem eigenen Regelwerk nicht sogar die Ausgrenzung von Menschen mit Lernschwierigkeiten fördern kann, wenn diese auf den zunehmend normierten Schreib- und Sprachstil der "Leichten Sprache" hin sozialisiert werden.“ In der Normierung liegt auch der entscheidende Unterschied zur Einfachen Sprache. Da hier keine Regeln vorgegeben sind, kann bedarfsgerecht und mit den Referenzgruppen gearbeitet werden.
Insgesamt ist das Dossier „inklusiv politisch bilden“ eine wahre Schatzkammer für alle, die sich mit dem Thema Bildung und Inklusion beschäftigen. Der weitgefasste Inklusionsbegriff ermöglicht vielfältige Sichtweisen auf die Thematik, so dass nicht nur Lehrer_innen sondern auch Pädagog_innen aus der historisch-politischen Bildung damit arbeiten können. Die aufgezeigten Beispiele ermöglichen Ansätze für die eigene Arbeit. Durch die Literaturhinweise kann zudem ein umfangreiches Wissen über die Thematik erreicht werden. Das Dossier ist online kostenfrei zugänglich.