Während ihre Partei bis zum Ende der Weimarer Republik hoffte, den Nationalsozialismus auf parlamentarischem Weg besiegen zu können, war diese Form des Widerstands vielen Sozialdemokrat_innen nicht genug. 1931 schlossen sich Arbeiter_innen etwa in der Eisernen Front zusammen, um die Demokratie auf der Straße, auch unter dem Einsatz von Gewalt, zu verteidigen. Die meisten dieser Vereinigungen mussten jedoch spätestens mit der Zerschlagung der Gewerkschaften im Mai 1933 ihre Tätigkeit einstellen. Im Großraum Hannover operierte dagegen mit der Sozialistischen Front eine Organisation, die von 1934 bis 1936 bewaffneten Widerstand gegen das NS-Regime leistete. Eine Website, die von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Zusammenarbeit mit der Lindener Geschichtswerkstatt erarbeitet wurde, beleuchtet die Geschichte dieser Organisation und ihrer Mitglieder.
Die Menüpunkte bieten den User_innen einen biografischen und einen thematischen Zugang. Unter dem Reiter „Biografien“ sind die Geschichten von 37 Mitgliedern der Sozialistischen Front gelistet. Die Artikel beinhalten jeweils die Kindheit sowie den beruflichen und politischen Werdegang der Aktivist_innen und widmen sich schwerpunktmäßig ihrer Tätigkeit Mitte der 1930er Jahre. Diese war freilich auch mit der Erfahrung von Verfolgung, Haft und Folter verknüpft und kostete den Angehörigen der Gruppe mitunter das Leben. Thematisch werden die User_innen über Entstehung, Wirken und Aufbau der Sozialistischen Front informiert. Detailliert gehen die Autor_innen etwa auf die Vorbereitung der Illegalität ab 1932 oder auf die aufwendige Beschaffung eines Waffenarsenals ein. Wie eingangs erwähnt beschränkte sich der Widerstand der SPD auf die parlamentarische Arbeit ihrer Abgeordneten; den daraus resultierenden Auseinandersetzungen zwischen Parteiführung und den Mitgliedern wird auf der Website ebenfalls Platz eingeräumt.
Beindruckend ist die gut zusammengestellte Dokumentensammlung, die aus der Website ein kleines virtuelles Archiv macht. Neben zeitgenössischen Fotoaufnahmen finden sich hier Flugblätter, Notizzettel, Ausgaben der organisationseigenen Zeitschrift „Sozialistische Blätter“ oder seltene Exponate wie der gefälschte Personalausweis eines Frontmitglieds. Auch sind die Memoiren des Leiters der Sozialistischen Front, Werner Blumenberg, zum Download verfügbar. Schließlich gibt ein umfassendes Quellen- und Literaturverzeichnis Interessierten die Möglichkeit, sich in das Thema weiter zu vertiefen.
Insgesamt ist den Machern eine kleine, aber feine Darstellung eines Stücks Regionalgeschichte gelungen, die wissenschaftlich fundiert die Handlungsmöglichkeiten „gewöhnlicher“ Bürgerinnen und Bürger aufzeigt. Die Website eignet sich mit diesem multiperspektivischen Ansatz durchaus auch für die schulische und außerschulische Bildung und gibt den Lernenden die Möglichkeit, sich selbstständig mit dem zur Verfügung gestellten Archivmaterial auseinanderzusetzen.