In jeder Klasse gibt es Schwule, Lesben und Transgender, die jedoch häufig durch den Lehrplan unsichtbar gemacht oder gar diskriminiert werden. Jedoch findet sich mittlerweile eine große Anzahl an Projekten und konkretem Unterrichtsmaterial, das einen sensiblen Umgang mit Geschlecht und Sexualität auch im Geschichtsunterricht ermöglicht.
Die Schule als Hort sozialer Kontaktaufnahme und Eingliederung in die Gesellschaft schildern viele Menschen gerade retrospektiv romantisierend. Doch gerade für eine große Anzahl von Schwulen, Lesben und Transgender ist insbesondere die Schule ein Ort, der mit leidvollen Erfahrungen wie dem Ausschluss innerhalb der Klasse, der Diskriminierung durch Mitschüler/innen oder Lehrer/innen sowie die fehlende Sichtbarkeit spezifischer nicht-heterosexueller Themen geprägt ist. Gerade vor diesem Hintergrund ist es notwendig, dass Lehrer/innen einen sensiblen Umgang mit Homosexualität und Transgender pflegen. Ein wichtiger Schritt ist die Thematisierung entsprechender Themen als regulärer Teil des Lehrplans. Doch kann gerade das dazu führen, dass einzelne Schüler/innen aufgrund ihrer (von anderen angenommenen) Homosexualität abschätzig in den Mittelpunkt gestellt werden. Es muss also darüber hinaus darauf geachtet werden, dass sich die Lehrperson zunächst selbst mit ihren Vorurteilen auseinandersetzt und vor diesem Hintergrund einen selbstverständlichen Umgang zulässt, der die Behandlung des Themas nicht eine/r einzelnen/m Schüler/in zuschreibt..
Zur Einbindung von Homosexualität und Transgender in den Geschichtsunterricht gibt es mittlerweile ein umfangreiches und fachlich versiertes Angebot an Projekten für Schüler/innen, Unterrichtsmaterialien und konkreten Modulen. Der Bildungsserver Berlin Brandenburg verschafft diesbezüglich einen ersten Überblick und macht es leicht, auch für andere Fächer Anregungen und Vorschläge für den eigenen Unterricht einzuholen. Zur fachdidaktischen Weiterbildung bietet sich die Broschüre „Homosexualität“ der Reihe „Aus Politik und Zeitgeschichte“ der Bundeszentrale für politische Bildung an. Zwei hervorzuhebende Unterrichtsmaterialien finden sich auf der Webseite des nordrhein-westfälischen Fachportals „Schule der Vielfalt“. Die Einheit „Ich bin schwul und das ist auch gut so – Berühmte Lesben und Schwule“ ermöglicht einen Blick auf Zeitgeschichte, der Schwulsein und Lesbischsein sichtbar macht. Der Bildungsserver schlägt vor, mit der Frage nach einer historischen Figur zu beginnen, wie etwa Alexander der Große, der aus heutiger Perspektive durchaus als homosexuell bezeichnet werden kann. Die Problematik des ahistorischen Gebrauchs von „homosexuell“ wird dankbarerweise in dem Unterrichtsmaterial selbst behandelt. Die Ausgestaltung des Themas ist sehr offen, kann mit Hausaufgaben versehen sowie in eine Projektarbeit übersetzt werden. Eine Liste schwuler und lesbischer Persönlichkeiten ist im Material vorhanden.
Ein ganzes Modul bildet das Thema „Homosexuellenverfolgung im Nationalsozialismus“. Außer der streitbaren These, Homosexualität sei vollständig angeboren, wird hier ein hilfreicher Einstieg in das Thema angeboten. Anhand der Geschichte von Pierre Seel, der aufgrund seiner Homosexualität in einem KZ inhaftiert war und mit ansehen musste, wie sein Geliebter verstümmelt und getötet wurde, werden gleich mehrere Themenfelder eröffnet. Zum Einen werden in den Unterrichtsmaterialien grundlegende Informationen zur Homosexuellenverfolgung geboten. Durch die weitere Geschichte Pierre Seels, der nach langem Schweigen noch im hohen Alter öffentlich verprügelt wurde, weil er über seine Erfahrungen berichtete, und dessen Besuch einer Gedenkveranstaltung dazu führte, dass die anderen geladenen Überlebenden des NS-Terrors absagten und seine sexuelle Orientierung als Grund nannten. Sein Schweigen und die problematische Situation im hohen Alter deuten beispielsweise in dem Modul auf die aktuelle und immer noch bestehende Diskriminierung von Lesben und Schwulen hin. Ein weiteres Onlineangebot stellt die Webseite „Queer History“ dar. Dort findet sich neben Hörspaziergängen zu homosexuellem Leben im Berliner Bezirk Schöneberg der 1920er Jahre auch Unterrichtsentwürfe zu queerer Geschichte. Das Webportal „Queer History“ ist ein Kooperationsprojekt der Agentur für Bildung – Geschichte, Politik und Medien mit dem Arbeitsbereich Didaktik der Geschichte der Freien Universität Berlin und wird gefördert durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft und die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld.