Es ist eine Geschichte von Menschlichkeit und Solidarität, aber auch von Entbehrungen, Verlust und größter Angst. Der vom WDR produzierte Film „Die Kinder der Villa Emma“ beschreibt die Odyssee von 72 jüdischen Kindern und Jugendlichen, die – von ihren Familien getrennt – das deutsche Reich auf der Flucht vor der Deportation verließen.
Im Juli 1942 trifft die Gruppe aus Deutschland in der norditalienischen Kleinstadt Nonantola ein, um dort in der Villa eines emigrierten jüdischen Fabrikanten Unterschlupf zu suchen. Vorangegangen war eine drei Jahre andauernde Irrfahrt, in der die Gruppe – getarnt als deutsche Schulklasse auf dem Weg ins Landschulheim – durch verschiedene Länder Südosteuropas mit dem Ziel reiste, irgendwann Palästina zu erreichen. Doch Palästina war seit Kriegsbeginn für die Kinder und Jugendlichen aus Deutschland schier unerreichbar geworden, da die britischen Verwalter des Landes nun keine Deutschen mehr in das Land ließen, auch keine Juden.
In dieser prekären Situation gelingt es der Gruppe durch die Unterstützung der jüdischen Hilfsorganisation Délasem aus Genua, Einreisegenehmigungen für Italien zu erhalten. Das faschistische Italien verfügte selbst seit 1938 über eine rigide Rassengesetzgebung. Dass die jüdische Gruppe aus Deutschland die Genehmigung erhielt, nach Italien einzureisen, stellte daher keine Selbstverständlichkeit dar. Der Film zeigt auf differenzierte Weise die ambivalente Stellung der italienischen Gesellschaft zur antisemitischen Verfolgung in Deutschland und im eigenen Land. Aufgrund der christlich-katholischen Färbung des Landes und der insgesamt hohen Assimilation der jüdischen Bevölkerung Anfang des 20. Jahrhunderts existierte in Italien keine antisemitische Tradition wie in anderen europäischen Ländern und die judenfeindliche Gräuelpropaganda der 1930er Jahre traf in der italienischen Bevölkerung zunächst nicht auf fruchtbaren Boden. Dennoch eiferte das faschistische Regime mit seinen Rassengesetzgebungen von 1938 und den daraufhin einsetzenden Verfolgungsmaßnahmen auf radikale Weise dem deutschen Verbündeten nach.
In Nonantola angekommen, erfahren die jüdischen Kinder und Jugendlichen aus Deutschland von Seiten der einheimischen Bevölkerung Solidarität und Sympathie. Sie werden in die Dorfgemeinschaft aufgenommen, können sich frei bewegen und einige Ältere bekommen die Möglichkeit, in einer ortsansässigen Fabrik zu arbeiten. Als jedoch nach der Landung der Alliierten auf Sizilien die Deutschen in Norditalien einmarschieren, kann die Villa Emma nicht weiter Unterschlupf für die Gruppe bieten. In einer Nacht und Nebelaktion werden die Kinder und Jugendlichen durch Dorfpriester und Dorfarzt zunächst in der Abtei von Nonantola und später bei Familien aus dem Dorf versteckt. Trotz Razzien durch die Gestapo und italienische Faschisten gelingt es den Bewohner/innen Nonantolas, die Kinder und Jugendlichen versteckt zu halten. Später, als die Bedrohungssituation in Norditalien durch den andauernden Krieg und die deutsche Besetzung stetig wächst, organisieren der Dorfpriester und der Dorfarzt die Flucht der Gruppe in die Schweiz, von wo aus sie später nach Palästina emigrieren können.
Die Geschichte der Kinder der Villa Emma stellt ein beeindruckendes Zeugnis von Solidarität und Menschlichkeit im faschistischen Italien dar. Die Bewohner/innen des Dorfes Nonantola begaben sich selbst in größte Gefahr, um den 72 jüdischen Kindern und Jugendlichen aus Deutschland das Leben zu retten. Dennoch zeigt der Film auch die ausweglose und lebensbedrohliche Situation, in der sich Juden und Jüdinnen in ganz Europa aufgrund der andauernden Verfolgung durch die Nationalsozialisten und ihre Verbündeten Anfang der 1940er Jahre befanden. Der Film eignet sich daher hervorragend zur Implementierung in den Unterricht, sowohl zur Vermittlung historischer Zusammenhänge im Geschichtsunterricht, als auch zur Auseinandersetzung mit Themen wie Solidarität, Toleranz und der Verantwortung für das eigene Handeln. Der 30-minütige Film kann auf der Webseite www.planet-schule.de kostenlos heruntergeladen werden.