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In ihrem umfassenden Buch „Alltagsgeschichte – Alltag, Arbeit, Politik und Kultur in SBZ und DDR“ veranschaulicht Saskia Handro zahlreiche Aspekte des Lebens in der DDR. Anhand archivarischer Quellen, die in diesem Band teilweise erstmals veröffentlicht wurden, wird ein differenzierter Blick auf den realsozialistischen Staat geworfen, der eine sinnvolle Einbettung in den Unterricht ermöglicht.
Zahlreiche Auseinandersetzungen sowie gängige Ansichten zur und über die Deutsche Demokratische Republik sind auch heute noch von dem Bedürfnis getragen, eine scharfe Abgrenzung zwischen der Bundesrepublik und dem zweiten deutschen Staat herzustellen. Insbesondere indem ihr Charakter als Diktatur und zentralistischer Kontrollstaat hervorgehoben wird, entsteht zuungunsten der vielfältigen Erfahrungen und Ausformungen des Alltags in der DDR das Bild eines Staates, das häufig nahe an einen direkten und unangebrachten Vergleich mit der Zeit des Nationalsozialismus heranrückt.
In Saskia Handros Band sprechen an vielen Stellen allein die ausgewählten Quellen, teilweise das erste Mal in einem Buch veröffentlicht und für die pädagogische Arbeit aufbereitet. Untergliedert in Überschriften, die Analysen erwarten lassen, finden sich Archivalien wie Gesetzestexte, zahlreiche Fotografien oder Auszüge aus damals staatstragenden theoretisch-politischen Texten. Damit wird Lehrer/innen eine Handlungsanleitung geboten, die gleichermaßen den Schüler/innen ermöglicht, sich ihren Zugang zur DDR-Geschichte und ihrer Alltagskultur selbstständig zu erarbeiten. Dabei ist die Stoßrichtung des Buches davon getragen, sich eine differenzierte Perspektive zu erarbeiten und diese mit möglichen Vorannahmen abzugleichen.
Der vorliegende Band „Alltagsgeschichte“ vermittelt mit diesem für Differenzen und Widersprüche offenen Zugang einen Überblick über die Alltagswelten in der DDR, die sich anhand von Staatsdoktrin, individuellen Erfahrungen und fotografischen Aufnahmen darstellen lässt. Mit der Gliederung in die Teilbereiche sozialer Wandel, Geschlechterverhältnisse, Kindheit und Jugend, Arbeit, Konsum, Kultur, Kirche und Umwelt wird der Versuch unternommen, sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln der Geschichte der DDR zu nähern, ihrer multidimensional zu verstehenden Wirklichkeit ein Stück näher zu kommen.
Mit fachdidaktischen und historischen Einführungen präsentiert die Autorin die von ihr ausgewählten Aspekte, welche sich für die Einbettung in den schulischen Unterricht und die pädagogische Arbeit eignen. Diese geben einen guten Überblick, mittels der archivarischen Quellen, die den größeren Teil des Buches ausmachen, wird dieser vertieft. Die Zusammenstellung bietet eine Alternative zur üblichen theoretisch-analytischer Fachdidaktik und lässt dem/der Leser/in Freiraum in ihrem jeweiligen Zugang zum Thema.
Der analytische Teil des Buches „Alltagsgeschichte“ eignet sich insbesondere für Lehrer/innen, die sich das Thema DDR und ihre Alltagskultur für den Unterricht vornehmen möchten. Darüber hinaus können die aufbereiteten Quellen hervorragend und direkt in die Arbeit mit Schüler/innen integriert werden. In ihrer Vielfalt lassen sie unterschiedlichste methodische Einbettungen zu, bei welchen den Jugendlichen durch den alltagsweltlichen Bezug zahlreicher Quellen und durch die textlastigeren Quellen ein differenzierter Zugang zur DDR ermöglicht wird.
„Alltagsgeschichte“ wird in der Reihe „Fundus – Quellen für den Geschichtsunterricht“ veröffentlicht, in der zahlreiche weitere Aufbereitungen von Quellen für die Sekundarstufen I und II erhältlich sind.
In unserem Magazin findet sich außerdem ein Artikel von Saskia Handro zur Alltagsgeschichte der DDR.
Handro, Saskia: Alltagsgeschichte. Alltag, Arbeit, Politik und Kultur in SBZ und DDR. Schwalbach 2006. Wochenschauverlag, 19,80 €. ISBN: 978-3-89974102-5.