In einem gemeinsamen Projekt haben sich Studierende der Osteuropäischen Geschichte an der Justus-Liebig-Universität in Gießen mit dem Institut für Geschichte der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine zusammengetan und eine digitale Ausstellung zur Geschichte der DPs in Mittelhessen erarbeitet.
Zunächst findet sich auf der Webpräsenz des Projekts ein direkter Verweis auf methodologische Überlegungen sowie Schilderungen der Arbeitsweise. So bekommen Lehrkräfte, die sich dem Thema widmen möchten, einen Zugang zu Oral History und hilfreichen Lektüretipps, die sich mit Zeitzeugeninterviews und erlebter, narrativ vermittelter Geschichte auseinandersetzen. In der Ausstellung selbst wird das Vorgehen mit Oral History ebenfalls benannt, jedoch auf eine auch für Schüler/innen zugängliche Weise. Historische Forschung kann hier als etwas Spannendes wahrgenommen werden, das sich nicht auf die Lektüre bereits aufbereiteter Quellen beschränkt.
Die Ausstellung ist als PDF angelegt und ihre drei Teile entsprechend einfach herunterzuladen. Die einzelnen Seiten der Dokumente gliedern sich in getrennte thematische Bereiche, die jeweils in ukrainischer und deutscher Sprache verfasst sind. Durch die Aufgliederung lässt sich die Ausstellung recht einfach in den Unterricht integrieren, etwa um einzelne Gruppen zu bestimmten thematischen Teilbereichen arbeiten zu lassen.
Durch Aussagen von Zeitzeug/innen sowie Fotos von ihnen wird deren Situation anschaulicher gemacht. Durch einen Blick auf die deutsche Presse sowie polizeiliche Zeugnisse über DPs wird versucht eine umfassendere Darstellung ihrer Situation hervorzurufen. Leider bleibt die Ausstellung an dieser Stelle teils etwas undifferenziert. Zu ungenau sind Angaben darüber, auf welche Weise über die DPs berichtet und gesprochen wurde – was im Nachkriegsdeutschland durchaus häufig von Ressentiments geprägt war. Demgegenüber erscheint die Darstellung der DP-eigenen Presse gelungener, insofern sie sich in die zuvor angestellten Analysen der DP-Lager als eigenständige kulturelle Räume überzeugend eingliedert.
Auch die besondere Situation von DPs in der DDR, der dortige Versuch ihrer „Repatriierung“, also einer Eingliederung in die sozialistische Gesellschaft wird dargestellt und bietet einen Einblick in die damals unvorhersehbaren Problematiken als DP. Um die vielfältigen Probleme von DPs zu lösen, gründete sich jedoch außerhalb der realsozialistischen Länder, und von diesen nicht anerkannt, die United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA), eine Vereinigung, die sich mit einer anderen Form der Repatriierung beschäftige – nämlich der Umsiedlung von DPs in ihre Heimatländer. Allerdings wollten viele von ihnen nicht zurück, insbesondere jene, die in die UdSSR hätten gehen müssen. Die neu gegründete International Refugee Organisation (IRO) versuchte daraufhin neue Lösungen zu finden, etwa solchen Wünschen nach Ansiedlung gerecht zu werden. Darüber, wie auch über die 1946 entstehende UNRRA-Universität in München, die vier Fakultäten besaß, informiert die digitale Ausstellung in einfacher Sprache und spannender Darstellung.
Insgesamt wirkt die PDF-Datei etwas unübersichtlich, zumal die integrierten Grafiken und Fotos zu klein geraten sind. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei „Displaced Persons in Mittelhessen 1944-1960. Miteinander, Nebeneinander oder Gegeneinander?“ um eine hervorragende Möglichkeit, dieses häufig nicht beachtete Thema in den Schulunterricht und die pädagogische Arbeit zu integrieren. Durch die Schwerpunktsetzung des Projekts bietet sich eine zumindest einführende vorherige regionalgeschichtliche Beschäftigung mit Mittelhessen und der Ukraine an.