Michael Lichte umreißt in seinem Text „Der Widerstand Jugendlicher gegen den Nationalsozialismus“ die Situation von Jugendlichen während der NS-Zeit. Einige von ihnen entwickelten eine ablehnende Haltung gegenüber dem Regime und seiner Ideologie. Daraus entstanden Jugendgruppen, aber auch bereits bestehende jugendliche Strömungen, wie etwa die Swing-Jugend, politisierten sich in diesem Zusammenhang.
Zunächst wird ein allgemeinerer Überblick über das Leben von Jugendlichen im Nationalsozialismus gegeben. Jugendvereine, lose Verbände von Jugendlichen sowie vereinzelte Gruppen wurden gleichgeschaltet. Bereits ab 1933 waren sogenannte wilde Jugendgruppen verboten, gegen noch bestehende wurde teils brutal vorgegangen. Hinzu kam insgesamt eine spezifische Vorstellung dessen, was deutsche Jugendliche im Dritten Reich auszumachen habe. Dazu gehörte die Reglementierung der Musik, die sie (nicht) zu hören hatten, genauso wie ihr Aussehen, etwa Frisuren. Ihre Erziehung sollte sie zum Einsatz im Krieg bereit machen – die Jungen als Soldaten und die Mädchen als Einsatzkräfte im Dritten Reich. Nach diesem Überblick werden die Hitler-Jugend sowie der Bund Deutscher Mädel dargestellt. Auch hier ist es für die Entwicklung jugendlichen Widerstands wichtig, die Hinführung zum Krieg bei Kindern und Jugendlichen im NS zu beachten, da diese ein Hauptkriterium für die Entstehung widerständiger Positionen war.
Insgesamt gab es sehr unterschiedliche Formen jugendlicher Opposition, da diese nicht zentral organisiert war. Als der militärische Charakter der Hitler-Jugend immer stärker in den Vordergrund rückte, gingen auch mehr Jugendliche in den Widerstand. Sie nahmen nicht am HJ-Dienst teil, wandten sich gegen traditionelle Vorstellungen von Konformität und leisteten teils aktiv Widerstand durch Sabotage oder Flugblattverteilung. Als Beispiele jugendlichen Widerstands führt Lichte die Swing-Jugend und die Edelweißpiraten an. Die Swing-Jugend setzte sich über die Regel „Swing tanzen verboten“ hinweg und pflegte einen Lifestyle, der von den Nationalsozialisten als „anglophil“ bezeichnet wurde. Viele der Mädchen schminkten sich und lackierten sich die Fingernägel, was dem NS-Bild von Weiblichkeit widersprach. Ab 1942 ging das NS-Regime scharf gegen die Swing-Jugend vor, nicht zuletzt weil Swing im nationalsozialistischen Verständnis eine Musik von Schwarzen war. Nach einer Anordnung von Heinrich Himmler sollten sogenannte Rädelsführer der Swing-Jugend in Konzentrationslager interniert werden, da sie seines Erachtens eine Gefahr für die „gesund empfindende“ Bevölkerung darstellten. Hunderte von Swing-Jugendlichen wurden verhaftet. Die Inhaftierungen führten zu einer intensiveren Politisierung, so dass Kontakte zur Weißen Rose entstanden und antifaschistische Flugblattaktionen durchgeführt wurden. Die Edelweißpiraten gehörten zu den wilden Jugendgruppen und suchten Wege, sich der ab 1939 geltenden militärischen „Jugenddienstpflicht“ zu widersetzen. Doch bereits die Durchführung ihrer Fahrten und Zeltlager wurde seit 1933 verboten. Gegenüber der HJ nahmen sie eine deutlich ablehnende Haltung ein, verprügelten in gemeinsamen Aktionen etwa HJ-Führer. Sie schlossen Kontakt zu organisierten Oppositionsgruppen und wandten sich durch gefährliche Aktionen, wie dem Bemalen von Zügen oder Wänden mit antifaschistischen Schriftzügen, gegen das NS-Regime.
In seinem Fazit weist Lichte auf die Unterschiede zwischen Swing-Jugend und Edelweißpiraten hin. Dabei betont er, dass jugendlicher Widerstand zunächst keine Anzeichen von klaren politischen Linien aufwies. Vor allem die Swing-Jugend entwickelte eine solche Position erst allmählich – wenngleich sie teils schon zuvor vorhanden war. Ein wichtiger Aspekt seines Fazits ist der Hinweis auf die fehlende Anerkennung des Widerstands der Edelweißpiraten, der seines Erachtens mitunter damit zusammenhängt, dass sie nicht aus bürgerlichen Kreisen kamen. Damit positioniert sich der Autor und gibt einen bedeutenden Hinweis für das Heute, in dem man sich mit der NS-Vergangenheit auseinandersetzt.
Insgesamt können Lehrer/innen und Pädagog/innen, die sich im Unterricht und der pädagogischen Arbeit mit jugendlichem Widerstand im NS auseinandersetzen möchten, dem Text von Michael Lichte als Einblick in die Thematik annehmen. Angesichts des Umfangs des Themenfeldes ist er kurz gehalten, was die Möglichkeit eröffnet, sich auch im Unterricht in kürzeren Einheiten damit zu beschäftigen. Der Transfer in Unterrichtseinheiten muss von den Lehrer/innen und Pädagog/innen selbst geleistet werden. Entsprechend dient er zu ihrer Vorbereitung und ist für diesen Zweck hilfreich.
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