In ihrem gemeinsam betreuten digitalen „Zeitzeugenbüro“ bieten die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, die Bundesstiftung Aufarbeitung und die Stiftung Berliner Mauer auf der dazugehörigen Homepage themenbezogene Fortbildungen für Lehrer/innen, Lesetipps mit direkten Bestellmöglichkeiten und vor allen Dingen Material von Zeitzeug/innen an. Es wird ein großes Spektrum an Quellen präsentiert, die als Erfahrungswerte aus der DDR begriffen werden können und für Lehrer/innen aufbereitet zur Verfügung stehen. Damit soll sich der Geschichte des Staates mit Hilfe von Oral History angenähert und den Schüler/innen dieses Vorgehen vermittelt werden.
Möchte man sich mit der Bedeutung der Kirchen in der DDR beschäftigen, so kommt man nicht umhin, die Geistlichen der Zeit mit einzubeziehen. Diese waren vielfach mit staatlicher Repression konfrontiert, da religiöse Gemeinschaften in dem realsozialistischen, atheistisch konzipierten Staat keinen Platz haben sollten. Einige Pfarrer verharrten allerdings in ihrer widerständigen Position und ermöglichten es so, dass sich etwa Oppositionsgruppen in ihren Kirchen treffen und organisieren konnten.
Die beiden Zeitzeugen Dr. Hans-Jürgen Sievers und Dr. Bernd Albani waren beide Pfarrer in unterschiedlichen Gemeinden in der DDR. Bemerkenswert ist bei der Bereitstellung des Materials durch das Zeitzeugenbüro, dass es sich um Zeugnisse handelt, welche die Zeitzeugen selbst zur Verfügung stellen. Damit werden diese aktiv in den Prozess der Geschichtenschreibung einbezogen, das Augenmerk wird auf das gelegt, was ihnen retrospektiv wichtig erscheint. Entsprechend unterschiedlich fallen beide Materialien aus. Während Sievers einen Erinnerungsbericht bereitstellt, können von Albani Auszüge aus seiner Stasi-Akte und eine Predigt von 1988 eingesehen werden. Ein dritter Zeitzeuge, der zu Wort kommt, ist der Physiker Martin Böttger, der eine eigens verfasste Biographie sowie ausführliche Auszüge aus seiner Stasi-Akte zur Verfügung stellt. Böttger war seit 1972 in christlichen Zusammenhängen als Friedensaktivist tätig und blieb bis zum Ende der DDR politisch in oppositionellen, kirchlich organisierten Kreisen engagiert.
In den Erläuterungen des Zeitzeugenbüros zur Implementierung des zur Verfügung gestellten Materials in den Unterricht wird deutlich, dass eine offene Gestaltung zahlreicher individuell erarbeiteter Unterrichtsmodule möglich ist. Gleichzeitig werden aber Hilfestellungen und wichtige Hinweise zur Arbeit mit Oral History gegeben. So findet sich auf der Homepage etwa ein Leitfaden zum Umgang sowie der Durchführung von Gesprächen mit Zeitzeug/innen, der vom Grenzlandmuseum Eichsfeld erstellt wurde.
Für den Schwerpunkt zu DDR und Kirche wird ein Arbeitsblatt angeboten, auf dem mögliche Zusammenstellungen von Modulen und Aufgabenstellungen für Schüler/innen aufgeführt werden. In diesen Erläuterungen finden sich darüber hinaus weiterführende Links, die sich teils zur eigenständigen Recherche durch die Schüler/innen anbieten. Dabei erscheint es allerdings als wichtig, einige der jeweiligen extern verlinkten Homepages kritisch zu betrachten und nicht ohne Weiteres Jugendlichen als Wahrheit über die Geschichte der DDR zu präsentieren. Die Webseiten sind teils privat betrieben. Für die Schüler/innen kann dadurch eine spannende Aufgabe entstehen, etwa die Einordnung der Quellen – wer hat sie aus welchen (persönlichen) Beweggründen wie verfasst?
Bezüglich der Erfahrungswerte der Zeitzeug/innen ist es ebenfalls notwendig, sich die Art der Quelle stets zu vergegenwärtigen. Erinnerungen sind als retrospektive Betrachtungen, wie das Zeitzeugenbüro richtig vermerkt, immer geprägt vom Heute und notwendig subjektiv. Gleichzeitig ist ein respektvoller Umgang mit den erhobenen Daten wichtig, die Erinnerungen von Zeitzeug/innen sind also nicht uneingeschränkt wahr, aber in jedem Falle als richtig im Sinne von sinnstiftenden Betrachtungen der eigenen Vergangenheit anzusehen.
Das Unterrichtsmodul zu Kirche und DDR findet sich auf der Webseite.
Das Zeitzeugenbüro bietet Finanzierungsmöglichkeiten an, mit deren Hilfe Gespräche mit Zeitzeug/innen in der Schule ermöglicht werden können. Mehr Informationen dazu können über die E-Mail-Adresse info [at] ddr-zeitzeuge [dot] de erfragt werden.