Die Deutsche Film AG (DEFA) wurde im Mai 1946 auf Initiative der sowjetischen Besatzungsmacht als erste deutsche Filmproduktionsgesellschaft nach Kriegsende in Potsdam-Babelsberg gegründet. Bis zu ihrem Verkauf im Jahre 1992 produzierte sie über 700 Kino- und etwa 540 Fernsehfilme. Das produktive Spektrum der DEFA reichte von Propagandastreifen bis zu Kunstwerken der deutschen Filmgeschichte und politische Zensur prägten die Filme ebenso wie künstlerische Freiräume. Für die Bildungsarbeit bietet der reiche Fundus an DEFA-Filmen eine spannende Möglichkeit der Auseinandersetzung mit Kunst in der DDR und dem Bild von Alltag und Politik im Film. Im Internet gibt es einige kostenlose Materialsammlungen zum DEFA-Film, von denen wir an dieser Stelle zwei vorstellen möchten.
Parallelwelt Film – ein Einblick in die DEFA
Die Bundeszentrale für politische Bildung hat eine DVD-Edition mit dem Titel „Parallelwelt Film. Ein Einblick in die DEFA“ herausgegeben. Ausgehend von der Feststellung, dass die Filme der DEFA in ihrer speziellen Bild- und Formensprache ein Abbild der komplexen DDR-Gesellschaft sind, nimmt die Edition die Filmgeschichte der DDR zum Ausgangspunkt einer Auseinandersetzung mit politischen, alltagskulturellen und ästhetischen Phänomen der DDR-Gesellschaft. Für das Material wurden zwölf Filme ausgewählt, die den fünf Themengruppen „Geschichte und Inszenierung“, „Arbeit und Alltag“, „Frauen und Emanzipation“, „Kinder und Jugendliche“ sowie „Anfang und Ende“ zugeordnet sind.
Das Ziel des umfangreichen Begleitmaterials ist neben der thematischen Kombination auch die zeitgeschichtliche Kontextualisierung, um so die Filmstoffe vor dem historischen Hintergrund analysieren zu können. Dementsprechend besteht das Material aus einem umfangreichen Booklet, das Einführungen zu den jeweiligen Themenbereichen sowie kurze Essays zu jedem der zwölf Filme enthält, und einer Sammlung an Arbeitsblättern für den Unterricht. Die Arbeitsblätter bestehen pro Film aus jeweils einem kopierfertigen Aufgabenblatt und Unterrichtsvorschlägen, die nach unterschiedlichen Fächern gegliedert Themen und Methoden vorschlagen. Insgesamt bieten die Materialien einen reichen Fundus und umfangreiche Hintergrundinformationen, mit deren Hilfe Lehrkräfte Unterrichtseinheiten zu verschiedenen politischen und alltagshistorischen Themen die DDR betreffend mittels der DEFA-Filme zusammenstellen können. Die vorgeschlagenen Aufgabenstellungen sind jedoch eher für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe geeignet, sie erfordern teils umfangreiches historisches Hintergrundwissen und einen bewussten Umgang mit dem Film als Medium. Für jüngere Klassenstufen benötigt die Beschäftigung mit der DDR anhand ihrer Filme eine stärkere historische Kontextualisierung, die von dem Material nur auf einem bereits hohen Niveau geleistet wird.
Das Booklet sowie die Arbeitsblätter für den Unterricht stehen auf den Seiten der Bundeszentrale für politische Bildung zum Download bereit. Dort findet sich ebenfalls eine Liste von Verleihstellen für die nichtgewerbliche Sichtung. Gegen eine Bereitstellungspauschale von 25 Euro können die DVDs mit den 12 Filmen sowie den Begleitheften bei der BpB bestellt werden.
In der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung wurde außerdem von Ingrid Poss und Peter Warnecke das Buch „Spur der Filme“ herausgegeben. In der Publikation kommen Zeitzeugen wie Regisseure, Schauspieler, Kameraleute, Dramaturgen und Autoren der DEFA zu Wort. Das Buch kann für 7 Euro bei der Bundeszentrale bestellt werden.
Die DDR im (DEFA-)Film
Ausgehend von einer Medientagung zum Thema »20 Jahre friedliche Revolution, 20 Jahre deutsche Einheit« hat das Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg (LISUM) im Jahre 2009 das Schul-Kino-Projekt »Vergangenheit verstehen, Demokratiebewusstsein stärken: Die DDR im (DEFA-)Film« durchgeführt. Rund 1.000 Schülerinnen und Schüler hatten bei insgesamt 13 Veranstaltungen in zehn Orten in Brandenburg und Berlin die Möglichkeit, eine Vorführung ausgewählter DEFA-Filme zu besuchen und im Anschluss mit Expert/innen ins Gespräch zu kommen.
Die fünf exemplarisch ausgewählten Filme sollen sowohl Zugänge zur zeitgenössischen Filmproduktion in der DDR, als auch zur Repräsentation derselben im Film nach der Wende, ermöglichen. Thematisiert werden dabei Bereiche wie das ideologische Selbstverständnis von Staat und Partei („Ernst Thälmann – Führer seiner Klasse“), Kultur- und Filmzensur („Karla“), die Unterdrückung individueller Lebensentwürfe („Erscheinen Pflicht“ sowie „flüstern & SCHREIEN“) und die komödiantische, retrospektive Betrachtung des Lebens in der DDR („Sonnenallee“).
Beispielhaft soll hier der Aufbau des Heftes zu „Karla“ beschrieben werden: Die historische Einordnung zu Anfang des Heftes thematisiert auf der einen Seite die kulturpolitischen Rahmenbedingungen zur Entstehungszeit des Films 1965 und auf der anderen Seite Schule und Unterricht in der DDR im selben Zeitraum. Ein Essay stellt didaktische Überlegungen zu Film als ästhetisches Konstrukt, sowie Aufbau, Ziele und Inhalte der Unterrichtseinheit vor. Die konkreten Arbeitsanregungen für die Arbeit mit dem beigegebenen Quellenmaterial widmen sich Themen wie dem sozialistischen Menschenbild, der Frage nach Schule und Unterricht in der DDR, der SED-Filmpolitik und der Verbindung von Kunst und Ideologie. Dem Material gelingt es so auf der einen Seite Schule in der SED-Diktatur und auf der anderen Seite auch kulturelle Produktion und Zensur zu thematisieren. Die Themen sind inhaltlich anspruchsvoll aufbereitet, jedoch auch sehr konkret am Film bearbeitbar. Das Material bietet so eine wertvolle Hilfestellung für zwei spannende Themen.
Im Rahmen des Projektes wurden zu den fünf ausgewählten Filmen und den zugehörigen Themenkomplexen Unterrichtsmaterialien entwickelt, die auf der Homepage des Bildungsserver Berlin-Brandenburg kostenlos zum Download bereit stehen. Das Material bietet konkrete Unterrichtsvorschläge und Arbeitsaufträge für die Schülerinnen und Schüler sowie aktuell recherchierte, aufschlussreiche Quellen.
Neben den Unterrichtsmaterialien findet sich auf den Seiten des Bildungsservers außerdem eine Projektdokumentation.