Die Handreichung „Geschichte spielen? Didaktische Einsatzmöglichkeiten digitaler Spiele mit historischen Themen im Unterricht“ der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit ist eine praxisorientierte Ressource zur Integration Digitaler Spiele in den Schulunterricht.
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Die klare Strukturierung der Handreichung erleichtert eine gezielte Navigation durch das Dokument: Nach einem (1) einführenden Editorial diskutiert das Handbuch (2) zentrale „Organisatorische Aspekte“, die als Hürden beim Einsatz von Digitalen Spielen verstanden werden können. Daran anknüpfend werden (3) „Geschichtswissenschaftliche Perspektiven auf digitale Spiele“, (4) „Geschichtsdidaktische Zugänge zu digitalen Spielen“ sowie ein (5) „Leitfaden für Planung und Vorbereitung“ vorgestellt. Diese Aufbereitung wird durch die (6) Vorstellung der Charakteristika und Einsatzmöglichkeiten von zwei ausgewählten Spielen sowie (7) sieben weitere Anwendungsbeispiele ergänzt.
Besonders hervorzuheben ist die Auseinandersetzung mit den organisatorischen Hürden beim Einsatz Digitaler Spiele im Unterricht. Die identifizierten Problemlagen, von Mängeln hinsichtlich der benötigten Infrastruktur, Ausstattung und Lizenzen bis hin zu Unsicherheiten bezüglich der Spieleauswahl, werden nicht nur benannt, sondern es werden auch praxisnahe Lösungsansätze präsentiert. Im Anschluss werden geschichtswissenschaftliche Perspektiven auf Digitale Spiele umfassend behandelt. Die Berücksichtigung aktueller Diskursfragen über die Inszenierung von Geschichte und den Charakter von Geschichte in Digitalen Spielen bietet den Lesenden so eine theoretische Basis für die folgenden geschichtsdidaktischen Zugänge.
Die geschichtsdidaktische Ausrichtung steht besonders im Fokus: Die Handreichung stellt mit dem FUER-Modell (Akronym für die Förderung und Entwicklung eines reflektierten und (selbst-) reflexiven Geschichtsbewusstseins) ein konkretes Verfahren vor, das bei der Analyse Digitaler Spiele mit historischer Kulisse hilfreich sein kann, um mediale Erzählungen zu dekonstruieren. Das Verfahren wird in Form einer in Leifragen gegliederten Übersicht vorgestellt, in der auch konkrete Anbindungsmöglichkeiten an den bayrischen Lehrplan PLUS geboten werden – dieses Angebot ist zwar nur für eine begrenzte Zielgruppe nutzbar, kann aber auch in anderen Bundesländern der Einbettung dienen.
Als weitere Praxishilfe dient der bereitgestellte Leitfaden für die Planung und Vorbereitung des Einsatzes von Digitalen Spielen im Unterricht. Dieser ist in verschiedene Vorbereitungsphasen untergliedert – von der kritischen Auseinandersetzung mit dem Spiel-Marketing, der Durchführung einer Eigentestung sowie dem Einsatz im Unterricht – und bietet so eine klare Handlungsanleitung für Lehrende.
Die Vorstellung zweier ausgewählter Spiele – „Civilization VI“ und „Curious Expedition 2“ – erfolgt sehr detailliert. Es wird nicht nur die Spielmechanik betrachtet, sondern auch die historisch-politischen Dimensionen des jeweiligen Spiels sowie Empfehlungen zur Didaktisierung anschaulich präsentiert. Die Erweiterung des Anwendungsspektrums durch weitere Beispiele wie „Anno 1800“, „Assassin’s Creed Odyssey“ und „Papers Please“ bereichert die Handreichung, da diese Vielfalt eine Auswahlgrundlage für verschiedene Unterrichtsszenarien bietet. Die Vorstellung der jeweiligen Spiele ist um Bilder von Spielausschnitten, Angaben zur Altersfreigabe sowie weiterführenden Literaturempfehlungen ergänzt.
Insgesamt zeichnet sich die Handreichung durch ihre klare Struktur, die praxisorientierte Auseinandersetzung mit organisatorischen Hürden, eine umfassende Darlegung didaktischer Zugänge und die detaillierte Vorstellung konkreter Spiele aus. Sie stellt eine nützliche und umfassende Ressource dar, die Lehrende und Multiplikator*innen bei der Einbindung Digitaler Spiele in die Unterrichtsgestaltung unterstützen kann.
Das Handbuch „Erinnern mit Games. Digitale Spiele als Chance für die Erinnerungskultur“ der Stiftung Digitale Spielekultur beschäftigt sich mit der Verwendung Digitaler Spiele im Kontext der Erinnerungskultur. Es zielt darauf ab, Orientierung für eine respektvolle und involvierende Vermittlung der Vergangenheit durch Digitale Spiele zu bieten.
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Das Handbuch ist anhand von zehn Leitfragen strukturiert: Beginnend mit grundlegenden Fragen zur erinnerungskulturellen Zielsetzung und Zielgruppenansprache, führen die Leitfragen durch verschiedene Aspekte bei der Arbeit mit Digitalen Spielen in der historisch-politischen Bildung wie die Einbeziehung historischer Quellen, positive Synergieeffekte zwischen inhaltlichen und spielerischen Aspekten, den Umgang mit historischen Leerstellen bis hin zu ethischen Fragestellungen und gesetzlichen Rahmenbedingungen.
Die inhaltliche Tiefe des Handbuchs wird durch die Expertise renommierter Autor*innen wie z.B. Dr. Meron Mendel, gewährleistet. Die Expert*innenbeiträge bieten eine umfassende theoretische Grundlage für die praktische Anwendung. Auf letztere wird vorrangig im Kapitel „Spielideen für die Erinnerungskultur – Ergebnisse des Pitch Jam“ eingegangen, in dem sieben Spiele – darunter „Peloton“, „This Memory of Mine“ und „Der schmale Grat“ – vorgestellt werden. Die umfassenden Beschreibungen zeichnen sich durch ein ansprechendes Design aus, werden mit Bildern angereichert und bieten eine übersichtliche Darstellung strukturiert nach den Kriterien Konzept, Herausforderungen, Chancen, Zielgruppe und Voraussetzungen. Diese konkreten Spielvorschläge illustrieren, wie Digitale Spiele als Werkzeuge in der Erinnerungskultur eingesetzt werden können.
Hervorzuheben ist die Vielfalt der behandelten Themen und die Diversität der Autor*innen, was dem Handbuch eine umfassende Perspektive verleiht. Auch die Betonung ethischer Fragestellungen im Umgang mit Digitalen Spielen macht das Handbuch zu einer hilfreichen Ressource bei der verantwortungsbewussten Nutzung in der Praxis. Das Handbuch könnte dabei noch konkretere Empfehlungen für die praktische Einbettung in schulische oder außerschulische Kontexte bieten. Hier hätten detailliertere Modulbeispiele für Lehrende und andere Anwender*innen einen zusätzlichen Wert geboten.
Die Vielfalt der Expertise sowie die praxisnahen Spielvorschläge machen das Handbuch zu einer wertvollen Sammlung für Akteur*innen in der Erinnerungskultur, Pädagog*innen und Spieleentwickler*innen gleichermaßen. Es überzeugt durch seine klare Struktur, konkrete Spiel-Beispiele und eine umfassende Perspektive auf die Herausforderungen und Potenziale Digitaler Spiele im Dialog mit der Vergangenheit.
Das Handbuch „Spielen. Lernen. Wissen. Einsatzmöglichkeiten von Games in der Bildung“, herausgegeben von der Stiftung Digitale Spielekultur, gliedert sich in sechs Kapitel. Die Kapitel befassen sich jeweils mit einem spezifischen Einsatzbereich von Digitalen Spielen: (1) Im Schulunterricht, (2) in der sozialen Kinder- und Jugendarbeit, (3) in der gesellschafts-politischen Bildung, (4) der Talentförderung und (5) der Aus- und Weiterbildung – sowie mit (6) Jugendschutz und dem rechtlichen Rahmen des Einsatzes Digitaler Spiele.
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Das Kapitel „Games in der gesellschafts-politischen Bildung“ fokussiert auf die Funktion von Digitalen Spielen in der Vermittlung von Geschichte. Unter anderem werden Art der Zielgruppe und Zielgruppenansprache definiert und auf die Wirkmechanismen von Digitalen Spielen eingegangen. Der Beitrag wird um die Vorstellung der Initiative „Erinnern mit Games“ der Stiftung Digitale Spielekultur ergänzt. Diese möchte in Form von Publikationen, Podcasts und Fachveranstaltungen Orientierung im Feld der Digitalen Spiele bieten und aufzeigen, wie Games einen sinnvollen und sensiblen Anteil an der Erinnerungskultur leisten können – unter Berücksichtigung existierender Begrenzungen. Abschließend werden zwei konkrete Spiele – „Through the Darkest Times“ und „Attentat 1942“ – diskutiert.
Durch die Breite der behandelten Einsatzbereiche von Digitalen Spielen liegt der Schwerpunkt des Handbuchs nicht ausschließlich auf ihrer Funktion in der historisch-politische Bildung. Für Interessierte, die speziell nach diesem Fokus suchen, wäre eine zusätzliche Vertiefung wünschenswert. Insgesamt ist das Handbuch ein umfassendes Werk für diejenigen, die Digitale Spiele in verschiedenen Bildungskontexten einsetzen möchten. Es bietet theoretische Überlegungen, praxisnahe Beispiele und einen rechtlichen Rahmen, was es zu einer hilfreichen Informationsquelle macht.
Auch das Handbuch „Games Kultur. Über die Kulturwelten von Games“, herausgegeben von Olaf Zimmermann und Felix Falk, bietet einen breiteren Analyserahmen der Funktion von Digitalen Spielen. Die Struktur des Handbuchs gliedert sich, neben einem überblickstiftenden Intro, in sechs thematisch klar abgegrenzte Kapitel. Diese befassen sich jeweils mit unterschiedlichen Dimensionen der Bedeutung von Games in der Kultur: Es werden (1) Grundlagen vorgestellt, auf das Verhältnis von Games zu (2) Kunst und Kultur eingegangen sowie auf die verschiedenen Möglichkeiten der (3) (Wissens-)Vermittlung mithilfe von Games. Zudem gibt es separate Kapitel zur Bedeutung von (4) Gemeinschaft in der Games-Kultur, zu (5) aktuellen Debatten und dem (6) wirtschaftlichen Aspekt dieses „Kulturbetriebes“. Das Handbuch ist um einen umfangreichen Anhang mit hilfreicher Literatur, einem Glossar und einem Game-Index ergänzt.
Das erste Kapitel dient dem vertiefenden Verständnis des Themas, indem relevante Begriffe, die Geschichte von Computerspielen und ihre Verbindungen zu anderen Disziplinen beleuchtet werden. Das dritte Kapitel zur „Vermittlung“ legt einen Schwerpunkt auf Serious Games und ihre Rolle in der historisch-politischen Bildung. Es behandelt nicht nur die Abgrenzung von Serious Games und Gamification, sondern geht auch auf die Qualitätsmerkmale solcher Spiele ein. Praktische Fragen wie „Was zeichnet ein gutes Serious Game aus?“ und „Was darf es kosten?“ werden erörtert. Diese Praxisorientierung ist besonders relevant für Entscheidungsträger in Bildungseinrichtungen, Unternehmen oder anderen Organisationen, die Serious Games einsetzen möchten. Der Status quo und ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen runden die Betrachtung ab.
Die Stärke dieses Handbuchs liegt in seiner Fähigkeit, verschiedene Funktionen von Computerspielen in der (Erinnerungs-)Kultur umfassend zu behandeln. Es bietet zudem Antworten auf technische Fragen, und vermittelt ein ganzheitliches Verständnis für die kulturelle, künstlerische und gesellschaftliche Bedeutung von Computerspielen. Die klare Struktur macht das Handbuch zu einer hilfreichen Ressource für alle, die sich in einem breiteren Rahmen mit der „Kultur von Games“ auseinandersetzen möchten.
Die März/April-Ausgabe 2023 des Magazins Geschichte in Wissenschaft und Unterricht, herausgegeben von Peter Burschel, Christoph Cornelißen und Michael Sauer, widmet sich mit dem Schwerpunkt „Geschichte in digitalen Spielen“ aktuellen Diskursen über die Grenzen und Möglichkeiten von Digitalen Spielen in der Erinnerungspädagogik. Das Magazin ist übersichtlich strukturiert: Nach einem Überblick über die Beiträge anhand von kurzen Abstracts und dem Editorial folgen sechs Beiträge zum Thema – drei davon befassen sich im Spezifischen mit aktuellen Debatten rund um das Thema Geschichtsvermittlung in Digitalen Spielen, drei weitere Beiträge blicken auf den breiteren Raum digitaler Geschichtsvermittlung u.a. auf den Plattformen YouTube und Instagram. Das Magazin schließt mit zwei Projektberichten und einer Literaturübersicht ab.
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Die Auseinandersetzung mit dem Thema „Digitale Spiele und Erinnerung“ wird in drei Diskursfragen aufgefächert: Eugen Pfister und Martin Tschiggerl diskutieren die Hypothese, dass in Digitalen Spielen ein positivistisches Geschichtsverständnis dominiere. Die Autoren argumentieren entgegen dieser Annahme, dass aktuelle Spiele vielmehr einen multiperspektivischen Ansatz verfolgen und betonen, dass der fortwährende Konstruktionscharakter von Geschichte gerade durch die interaktive Form Digitaler Spiele hervorgehoben wird.
In Tobias Winnerlings Beitrag wird eine Debatte um die Computerspielreihe „Anno“ aufgegriffen. „Anno“ nutzt historische Kontexte vom Spätmittelalter bis zur Industrialisierung als Spielszenarien. Diese Kontexte wurden lange Zeit vorrangig als Wirtschaftssimulationen verstanden – ihre koloniale Dimension hingegen erst spät debattiert. Diese verzögerte Auseinandersetzung wird im Beitrag diskutiert. Zudem werden die Differenzen zwischen akademischer Geschichtswissenschaft und Spieler*innen herausgearbeitet und die Gründe sowie Auswirkungen dieser Diskrepanzen kritisch beleuchtet.
Kathrin Trattners Beitrag „#NotMyBattlefield“ untersucht die u.a. auf Twitter geführte Diskussion zu „Battlefield V“, das 2018 erschien. In der Debatte wird vor allem die prominente Rolle von Frauen in „Battlefield V“ im Kontext des Zweiten Weltkriegs als „historisch unauthentisch“ kritisiert. Im Beitrag wird diese Debatte durch die Auswertung von Tweets mit dem Hashtag #NotMyBattlefield analysiert. Er wirft einen Blick auf die Diskurse um „historische Authentizität“ in Digitalen Spielen und zeigt, wie diese Begriffe konstruiert und funktionalisiert werden.
Die Ausgabe gibt so anhand von drei Beispielen einen gelungenen Einblick in aktuelle Diskurse zum Thema Digitale Spielen und deren Einfluss auf die Geschichtsvermittlung. Die Diskussionen um historische Authentizität und die Rolle von sozialen Medien in der Geschichtskultur werden anschaulich vermittelt. Die Beiträge konzentrieren sich dabei überwiegend auf deutschsprachige Spiele und Diskussionen. Eine Erweiterung auf internationale Beispiele und Debatten könnte die Reichweite erhöhen.
Die Zielgruppe umfasst Geschichtsinteressierte, Forscher*innen sowie Lehrkräfte. Insgesamt eignet sich die Magazinausgabe jedoch für alle, die an der Schnittstelle von Geschichte und Digitalen Spielen interessiert sind. Durch die Einblicke in die Diskurse rund um Digitale Spiele in der Geschichtsvermittlung werden Impulse für einen kritischen Einsatz solcher Spiele in der Schule und in der historisch-politischen Bildung im Allgemeinen geboten.