Zum Workshop
Im September 1978 wurde in der DDR der Wehrunterricht der Klassen neun und zehn an den Polytechnischen Oberschulen eingeführt. Laut dem Ministerium für Volksbildung sollte der Unterricht die Schüler*innen auf einen Kriegseinsatz vorbereiten. Eines seiner Ziele sei, „die klassenmäßige, patriotische und internationalistische Haltung der Schüler weiter auszuprägen und die Wehrmotivation zu festigen“. Mit Einführung des Wehrunterrichts, bestehend aus vormilitärischer Ausbildung und theoretischen Unterrichtseinheiten, erreichte die „Erziehung zum Hass“ im Schulwesen der DDR ihren Höhepunkt. Im Gegensatz zu anderen bildungspolitischen Maßnahmen regte sich jedoch Widerstand innerhalb der Bevölkerung und kirchlicher Kreise.
Wie begründeten die Erziehungsfunktionäre die Notwendigkeit des schulischen Wehrunterrichts? Wie gestaltete sich dieser im praktischen Schulalltag mit Blick auf die Lehrstunden in der Schule, dem Lehrgang Zivilverteidigung (für die Mädchen) und dem Wehrlager (für die Jungen)? Gab es unter den Jugendlichen Verweigerungshaltungen und mit welchen Konsequenzen? Diesen Fragen geht der Vortrag nach. Abschließend erfolgt eine Einschätzung, inwieweit der Wehrunterricht das angestrebte sozialistische Erziehungsziel – primär das der Implantierung des Feindbildes vom Westen – erfüllte oder verfehlte.
Anhand des schulischen Wehrunterrichts lässt sich ableiten, welches Ausmaß die Militarisierung unter Kinder und Jugendlichen in der DDR annahm und wie Generationen von Schulpflichtigen dahingehend geprägt wurden. Damit eröffnet das Seminar die Möglichkeit, sich mit einem Kernelement der SED-Diktatur auseinanderzusetzen, das sich explizit im Schulwesen niederschlug.
Mit Dr. Steffi Lehmann
Dr. Steffi Lehmann ist Politikwissenschaftlerin. Sie hat die wissenschaftliche Leitung in der Gedenkstätte Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis in Chemnitz und ist Mitglied in der Vereinigung der Opfer des Stalinismus.
Wann?
Datum: 12. November 2024, 15:00 – 16:00 Uhr
Wo?
Online
Zielgruppe: Mitarbeiter*innen aus Gedenkstätten, Pädagog*innen, Psycholog*innen und Lehrkräfte