Ausgehend von 100 Jahren ziviler Luftfahrt in Deutschland 2026 nimmt die Tagung das Jubiläum zum Anlass, die Geschichte der Luftfahrtinfrastruktur in Berlin und Brandenburg von den Anfängen bis zur Gegenwart zu beleuchten. Die Flughäfen in der Hauptstadtregion haben nicht nur internationale Architektur-, Technik- und Verkehrsgeschichte geschrieben. Vielmehr stellen sie als Knotenpunkte Ortsgeschichte in einen globalen zeitlichen wie räumlichen Zusammenhang.
Zwischen Lokalisierung und Globalisierung. Flughäfen und die Verflechtung Berlin-Brandenburgs mit der Welt
Mehr noch als andere Verkehrsinfrastruktur stehen Flughäfen sinnbildlich für das Versprechen von Mobilität und für die Anbindung des Lokalen an die Welt. Für die Weltstadt Berlin war es nur folgerichtig, den 1923 eröffneten Flughafen auf dem Tempelhofer Feld frühzeitig auf den deutschen und bald auch den internationalen Massenflugverkehr auszurichten. Der Aufstieg des zivilen Flugverkehrs nach dem Pariser Luftfahrtabkommen vom 21. Mai 1926 ermöglichte den weltweiten Transfer von Gütern, Personen und Wissen/Ideen über das Drehkreuz Berlin – und veränderte die Hauptstadt und ihr Umland nachhaltig. Seitdem haben vielfältige Begegnungen und Interaktionen über Staatengrenzen hinweg tiefe Spuren im kulturellen Profil von Metropole und Region hinterlassen. Dabei standen transnationale Verflechtungsprozesse stets im konfliktgeladenen Wechselverhältnis zu gegenläufigen Bewegungen von Ab- und Eingrenzung.
Ausgehend von 100 Jahren ziviler Luftfahrt in Deutschland nimmt die am 28. und 29. Mai 2026 stattfindende Tagung der Historischen Kommission zu Berlin das Jubiläum zum Anlass, die Geschichte der Luftfahrtinfrastruktur in Berlin und Brandenburg von den Anfängen bis zur Gegenwart zu beleuchten. Die Flughäfen in der Hauptstadtregion haben nicht nur internationale Architektur-, Technik- und Verkehrsgeschichte geschrieben. Vielmehr stellen sie als Knotenpunkte Ortsgeschichte in einen globalen zeitlichen wie räumlichen Zusammenhang und sind daher Ausgangspunkt sowie Analysegegenstand für eine Geschichte des Wandels der Region durch ihre Verflechtungen mit der Welt.
Daher widmet sich die Tagung den folgenden Leitfragen:
1. Warum und unter welchen Bedingungen entwickelten sich gerade die Metropole Berlin und das brandenburgische Umland zu einer Drehscheibe im globalen Luftverkehr?
2. Welche Akteurinnen und Akteure standen (mit welchen Interessen) hinter der Schaffung der notwendigen Infrastrukturen für die zivile Luftfahrt?
3. Wie veränderten der Bau, der Betrieb und die Schließung von Flughäfen die Hauptstadtregion?
4. Welche lokalen Spezifika und globalen Trends lassen sich vor Ort in Bezug auf soziale Aneignungen und Auswirkungen von Luftfahrtinfrastruktur feststellen?
5. Ziel der Tagung ist es, die Transformation der Hauptstadtregion durch ihre Luftfahrtinfrastruktur kulturhistorisch, verflechtungsgeschichtlich und raumsoziologisch zu untersuchen – anhand der gesellschaftspolitischen Felder ‚Macht‘, ‚Mobilität‘ und ‚Migration‘.
Macht – Warum dienten die Flughäfen in der Hauptstadtregion politischen Akteurinnen und Akteuren seit ihren Anfängen als Projektionsflächen, um Gesellschaftsstrukturen zu (re-)produzieren, Herrschaft zu (de-)legitimieren und Zukünfte zu denken, zu planen und umzusetzen? Wie reflektierten Flughafen-Architektur und -Technik die Politisierung von Luftfahrtinfrastruktur? Welche grundlegenden gesellschaftspolitischen Fragen des Mit- und Gegeneinanders sowie der Gestaltung des sozialen Wandels wurden durch den Bau, den Betrieb und die Schließung der Berliner und Brandenburger Flughäfen mitverhandelt?
Mobilität – Wie bedingten sich die Prozesse der Metropolwerdung und des aufkommenden zivilen Massenflugverkehrs Anfang des 20. Jahrhunderts gegenseitig? Inwieweit beeinflussten die Entwicklung und die Modernisierung von Flughäfen, aber auch sicherheitspolitische Maßnahmen im Luftverkehr die Mobilität und die Reisemöglichkeiten verschiedener Bevölkerungsgruppen? Welche sozialen und ökologischen Herausforderungen entstanden durch den Ausbau und den Betrieb großer Flughäfen in der Region, und welche Reaktionen forderten sie heraus?
Migration – Welche Rolle spielten Flughäfen in den Prozessen globaler Migration, Flucht sowie Vertreibung und wie beeinflussten sie durch Regelungen der Einreise, des Zuzugs und des Umgangs mit Migrantinnen und Migranten soziale Konstruktionen von Zugehörigkeit und Fremdheit? Wie spiegelten sich historische und gegenwärtige Grenzerfahrungen von Migrantinnen und Migranten sowie Geflüchteten in den Abläufen von Luftfahrtinfrastruktur wider? Welche Spuren von Migrationsgeschichte(n) offenbart der Blick auf die Berliner und Brandenburger Flughäfen und wie hat Migration die Region geprägt?
Wir freuen uns über Vorschläge für Einzelvorträge oder ganze Panels von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich in ihren Forschungen mit mindestens einem der genannten Aspekte auseinandersetzen. Geplant ist eine interdisziplinäre Tagung, auf der sowohl Early Career Scientists als auch erfahrene Forschende zu Wort kommen sollen. Die Vorträge sollen zwanzig Minuten nicht überschreiten. Wir bemühen uns, eine Aufwandspauschale zu übernehmen, können aber derzeit noch keine definitive Zusage geben. Eine Publikation der Beiträge wird angestrebt.
Bitte senden Sie Ihre Abstracts (max. 2.000 Zeichen, deutsch- oder englischsprachig) sowie einen kurzen Lebenslauf bis zum 31. Januar 2025 an die Historische Kommission zu Berlin e.V. – info [at] hiko-berlin [dot] de.
Weiterführende Informationen zur Arbeit der Historischen Kommission finden Sie unter www.hiko-berlin.de.