Der freiheitliche Sozialismus in Aragón
Die sozialen Veränderungen nach dem 19. Juli charakterisierten sich durch ihre Mannigfaltigkeit. Es gab keine Befehle von oben, alles erfolgte durch direktes Eingreifen der Bauern. Vierhundertfünfzig Dörfer führten eine neue soziale Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung ein. Mehr als eine halbe Million Bauern veränderten freiwillig ihre Eigentumsverhältnisse, ihre Arbeitsweise und das soziale Regime.
Das neue System war nicht einheitlich. Niemand wurde gezwungen, in ein Kollektiv einzutreten. Es gab die verschiedensten Formen von Kollektiven: Von loser Zusammenarbeit selbstständiger Bauern bis zur vollkommenen Gütergemeinschaft. Jedes Dorf organisierte sich auf seine Art und jeder einzelne kam dabei auf seine Kosten. Vielfach bildeten die Nachbarn Arbeitsgruppen von fünf oder zehn Personen und zogen am Morgen gemeinsam zur Feldarbeit aus. Sie wählten ihren Arbeitsleiter und Delegierten. Die Landarbeiter waren gewerkschaftlich organisiert. Jeder kam einmal an die Reihe, Delegierter zu sein.
Das Kollektiv verteilte das Land an die Arbeitsgruppen. Jedes Mitglied erhielt ein Produzentenbuch. Darin wurden die Arbeitsleistung sowie die Arbeitsgeräte und das Arbeitsvieh, das jeder Kollektivist beigebracht hatte, eingetragen. In der Regel fanden allgemeine Dorfversammlungen statt, wo die Bauern beschlossen ein Kollektiv zu gründen. Grund und Boden wurde als Gemeindeeigentum erklärt. Die Feldfrüchte wurden in das Gemeindehaus gebracht. Die Dorfversammlung war souverän. Sie beschloss, was im Dorf bleiben und was zum Austausch bestimmt und versandt werden sollte. Alle Arbeiten -wurden als gleichwertig erklärt. Was der Boden durch die Arbeit der Bauern hervorbrachte, sollte unter alle gleichmäßig verteilt werden. Die allgemeine Richtlinie war: Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.
Literatur
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Augustin Souchy, Nacht über Spanien. Bürgerkrieg und Revolution in Spanien. 1936-39, Grafenau 2007, S. 117 f.