Im November 1945 begann der Hauptkriegsverbrecherprozess in Nürnberg, auf der Anklagebank saß die ehemalige Führungselite des NS-Regimes. Die Tatbestände lauteten "Verschwörung gegen den Frieden", "Verbrechen gegen den Frieden", "Kriegsverbrechen" und "Verbrechen gegen die Menschlichkeit". Von April bis September 1961 fand der zweite international beachtete Prozess gegen einen nationalsozialistischen Täter statt: In Jerusalem stand Adolf Eichmann – SS-Obersturmbannführer und Leiter des „Judenreferates“ - wegen millionenfachen Mordes an den Juden vor Gericht. Zwei Jahre später, in den Jahren 1963-65 wurden erstmals Mitglieder der Lagermannschaft des Vernichtungslagers Auschwitz in Frankfurt am Main angeklagt. In den 60er und 70er Jahren gab es weitere Nachfolgeprozesse.
Zur Thematisierung dieser Kriegsverbrecherprozesse der unmittelbaren Nachkriegszeit in der Bildungsarbeit stellte Lernen aus der Geschichte bereits einige Unterrichtsmaterialien vor – so beispielsweise die Materialien „Der Auschwitz-Prozess 1963-1965“ des Fritz Bauer Instituts, einen Webquest zum Auschwitz-Prozess sowie die DVD „Umgang mit der NS-Vergangenheit“. Das Internet bietet außerdem verschiedene Möglichkeiten, direkt auf die Originaldokumentation der Prozesse in Text, Bild, Video oder Audio zu zu greifen. Lernen aus der Geschichte stellt drei davon vor.
Die Volltextbibliothek Zeno bietet die digitale Fassung der amtlichen Textausgabe der Nürnberger Prozesse des Internationalen Militärgerichtshofs. Auf der Seite steht die Dokumentation der Prozesse, wie Vorprozessdokumente, die Anklageschrift, das Urteil und die verhängten Strafen frei verfügbar. Außerdem finden sich die kompletten Niederschriften der Verhandlungen des 218 Tage dauernden Prozesses vom 14. November 1945 bis 1. Oktober 1946. Der Erschließung dieses Textmassivs dienen ein Sach-, Personen- und Dokumentenindexe. Aus dieser Fülle an Text muss sicherlich für eine Verwendung im Unterricht sinnvoll ausgewählt werden. Die freie Verfügbarkeit der kompletten Dokumentation bietet aber eine gute Chance, die Originaldokumente des Nürnberger Prozesses in der Bildungsarbeit einzusetzen.
Der Hessische Rundfunk bietet im Rahmen eines Webspecials mit dem Titel „Das Ende des Schweigens" eine umfangreiche Dokumentation des Frankfurter Auschwitz-Prozesses, seiner Vorgeschichte und Auswirkungen in Bild, Ton und Film. Zur Behandlung des Prozesses im Unterricht stehen zahlreiche Originaltöne aus dem Prozess zur Verfügung. Unter den Themenpunkten „Das Verbrechen“, „Der Prozess“, „Frankfurt als Wendepunkt“ sowie „Auschwitz und wir“ sind Interviews, sowie Ton-, Bild- und Videoaufnahmen vom Prozess zu kurzen Filmen geschnitten. Zu Wort kommen Staatsanwalt, Opferzeugen, Angeklagte und Verteidiger, Historiker, die den Prozess und seine Wirkung kommentieren, sowie Jugendliche in den 60ern und heute, die ihre Wahrnehmung des Prozesses wiedergeben. Besonders die Prozessdokumentation bietet gute Materialien, die zur Thematisierung des Prozesses im Unterricht verwendet werden können. Einzelne Angeklagte werden vorgestellt, ihre Aussagen mit den Aussagen von Opferzeugen kontrastiert, die Aufzeichnungen der Abschlussplädoyers des Staatsanwalts, der Verteidiger sowie der Angeklagten in Ausschnitten bereit gestellt sowie die Verlesung des Urteils dokumentiert. Diese Dokumentation muss sicherlich sinnvoll im Unterricht kontextualisiert werden, die Website bietet aber eine wertvolle Quelle für die Unterrichtsvorbereitung.
Auf der Grundlage der Videoaufzeichnungen des Prozesses haben Rolf Bickel und Dietrich Wagner eine Dokumentation über den Auschwitz-Prozesses produziert. Sie kann zusammen mit einer DVD mit den Materialien der Internetseite „Das Ende des Schweigens“ im Online-Shop des Hessischen Rundfunks für rund 20 Euro erworben werden.
Die Videoplattform youtube bietet einen eigenen Kanal, der die komplette Video-Dokumentation des Eichmann-Prozesses enthält. In 237 Videos mit rund 200 Stunden Material kann der Prozess in englischer, teils deutscher Sprache nachverfolgt werden. Auch hier gilt: eine sinnvolle Auswahl ist geboten, die Videos bieten dann aber eine gute Chance, mit der Originaldokumentation des Eichmann-Prozess in der Bildungsarbeit zu arbeiten.