Die vorliegende Publikation dokumentiert das Projekt „Jugendarbeit und Demokratieerziehung an KZ-Gedenkstätten in Baden-Württemberg“, das vom Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg Ulm (DZOK) zwischen 2008 und 2010 realisiert wurde. Im Württembergischen Landes-KZ im Fort Oberer Kuhberg waren von November 1933 bis Juli 1935 etwa 600 politische Häftlinge inhaftiert, so dass die Bildungsarbeit an diesem Ort sich auf den Übergang von einer Demokratie zur Diktatur im damaligen Deutschen Reich konzentriert. Die Dokumentation verfolgt das Ziel, den durch das Projekt gewonnen Erfahrungsschatz des DZOK an andere Gedenkstätten weiter zu geben sowie Reflexionen zur Gedenkstättenarbeit mit praktischen Tipps zu verbinden.
Das DZOK funktioniert, wie viele Gedenkstätten, nur mithilfe der Arbeit von Ehrenamtlichen, von deren bürgerschaftlichen Engagement auch die Einrichtung der Gedenkstätte ausging. Beispielhaft werden im ersten Kapitel verschiedene Aspekte, die in der Zusammenarbeit mit Freiwilligen von Bedeutung sind thematisiert. Das zweite Kapitel stellt die einzelnen Tätigkeitsfelder im Bereich „Jugendarbeit und Demokratieerziehung“ am DZOK vor, beginnend mit der pädagogischen Arbeit mit Schulklassen an der Gedenkstätte. Interessanter ist jedoch das zweite Unterkapitel, dass sich der Arbeit mit der Jugendgruppe der dzokkis widmet, die – pädagogisch begleitet – eine Vielzahl von Aktivitäten von der Entwicklung und Durchführung eigener Rundgänge, die jugendgerechte Öffentlichkeitsarbeit und die Organisation eigener Veranstaltungen entfaltet. Diese Gruppe stellt eine Besonderheit dar und kann anderen Gedenkstätten als Beispiel für eine intensive Einbindung von Jugendlichen in ihre Arbeit dienen.
Das dritte Unterkapitel thematisiert die unterschiedlichen Ebenen der Demokratieerziehung und weist auch auf die Gefahren hin, die eine solche Verbindung von Geschichte und Gegenwart mit sich bringen kann. Im Projektzeitraum hat das DZOK Angebote entwickelt, die sich auf gegenwartsbezogene Menschenrechtsverletzungen und auf eine interkulturelle Gedenkstättenpädagogik beziehen. In Einklang mit der Definition des Europarates von „Demokratieerziehung“, der diese versteht als „eine Reihe von Praktiken und Aktivitäten, die jungen Menschen und Erwachsenen dabei helfen sollen, sich aktiv am demokratischen Leben zu beteiligen und ihre Rechte und Verantwortung in der Gesellschaft
wahrzunehmen“ (S. 27), definiert das DZOK das Engagement von Ehrenamtlichen – und damit die Struktur des DZOK – per se als Beitrag zur Demokratieerziehung. Darüber hinaus hat das DZOK im Projektzeitraum 23 Veranstaltungen und Projekte durchführt, die sich gegen aktuelle Formen des Rechtsradikalismus, Antisemitismus und Alltagsrassismus wendeten, von denen zwei beispielhaft vorgestellt werden.
Die Broschüre schließt mit einem dritten Kapitel, in dem die besonderen strukturellen Herausforderungen für die Gedenkstätten der Kooperation und Vernetzung thematisiert werden. Am Ulmer Beispiel werden einige gewinnbringende und lohnende Kooperationen mit Schulen und regionalen Bildungspartnern vorgestellt, die auch auf andere Städte übertragbar sind.
Alles in allem stellt die vorliegende Publikation vor allem eine mit vielen praktischen Beispielen unterfütterte Vorstellung der Arbeit in Ulm dar, die für Mitarbeiterinnern und Mitarbeiter von Gedenkstätten, aber auch Pädagoginnen und Pädagogen und für andere Interessierte an der Arbeit in und mit einer Gedenkstätte Anregungen bieten kann.
Die Publikation steht auf der Homepage der Regierungspräsidien Baden-Württemberg zum Download bereit.
Das Bildungsministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern verabschiedete 2007 eine neue Richtlinie für die Förderung von Fahrten zu KZ-Gedenkstätten sowie zu Gedenkstätten und -orten für Opfer der jüngeren deutschen Geschichte. Demnach soll jede Schülerin und jeder Schüler mindestens einmal während seiner Schulzeit eine solche Gedenkstätte besucht haben. Anlässlich dessen gab das Ministerium eine Broschüre mit dem Titel „Demokratieerziehung und Gedenkstättenbesuche in Mecklenburg-Vorpommern“ heraus, die Lehrerinnen und Lehrer bei der Vorbereitung eines solchen Besuches unterstützen soll. Der zuständige Minister Henry Tesch betont dabei die wichtige Aufgabe, „die jungen Menschen in Mecklenburg-Vorpommern für ihr künftiges Leben in der Demokratie zu erziehen und sie auch für die Gefährdungen der Demokratie zu sensibilisieren“ (S. 3). Die historische Erfahrung mit Diktaturen im 20. Jahrhundert sieht er dabei als Ausgangspunkt für die Vermittlung des besonderen Wertes von Demokratie. Die Broschüre bietet leider keine weitere Reflexion darüber, inwiefern diese Verbindung von Geschichte und Gegenwart durch die Arbeit an Gedenkstätten sinnvoll funktionieren kann, sondern ist vielmehr ein Ratgeber für Lehrerinnen und Lehrer aus Mecklenburg-Vorpommern, der für eine notwendige Vor- und Nachbereitung sensibilisieren soll und praktische Hinweise wie eine Liste mecklenburg-vorpommerischer Gedenkstätten, eine Literatur- sowie Linkliste und Erläuterungen der Richtlinie zur Förderung von Klassenfahrten zu Gedenkstätten.
Die Broschüre steht auf der Homepage des Ministeriums zum Download bereit.