"Nie wieder Auschwitz!"
Dieser Imperativ wird durch einen breiten gesellschaftlichen Konsens inDeutschland getragen. Von den Schulen bis zur politischen Bildung, von Gedenkstätten und Dokumentationszentren bis zu den Kirchen arbeiten zahlreiche Bildungs- und Sozialisationsagenturen an einem verantwortungsbewussten Umgang mit der NS-Vergangenheit und der Verdeutlichung der verheerenden Folgen des Nationalsozialismus und seiner antisemitischen Ideologie. Antisemitismus wird somit nicht nur über das Strafrecht - vor allem Art. 130 Strafgesetzbuch mit dem Tatbestand der "Volksverhetzung" - verfolgt, sondern ist auch in Gesellschaft und Politik der Bundesrepublik weithin geächtet.
Dennoch belegen sozialwissenschaftliche Erhebungen immer wieder, dass antisemitische Ressentiments und Stereotypen keineswegs ausschließlich bei Radikalen und Gewalttätern kursieren, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft diagnostiziert werden können. Nicht zuletzt die sogenannten "Mitte"-Studien an der Universität Leipzig zu rechtsextremen Einstellungen in Deutschland zeigen Formen von Antisemitismus auf.
In der Tagung analysieren wir von der Geschichte des Antisemitismus ausgehend vor allem die gegenwärtigen Ursachen, Erscheinungen und Gefahren dieses Phänomens. Was heißt es für unsere Gesellschaft, dass diese Form von Diskriminierung und Ausgrenzung existiert? Was bedeutet der Antisemitismus in seiner antizionistischen Variante aber auch für das deutsch-israelische Verhältnis? Welche Überlappungen in das rechtsextremistische und gewalttätige Lager gibt es? An diese Fragen schließen sich Überlegungen zu wirksamen Präventionsstrategien an, die wir mit Expertinnen und Experten aus der Rechtsextremismusbekämpfung anstellen werden.
Aus aktuellem Anlass fragen wir im letzten Teil der Tagung: Wie ist die wissenschaftliche Edition von "Mein Kampf" im Ausland aufgenommen worden? Das Institut für Zeitgeschichte hat mit der Herausgabe einer "Kritischen Edition", unmittelbar nach Ablauf der Urheberrechte, eine enorme Nachfragewelle, aber auch heftige Diskussionen ausgelöst. Nach Rothenburg haben wir auch Fachleute aus dem Ausland eingeladen, um mit uns über die Publikation von "Mein Kampf" 2016 zu diskutieren.
Datum
28.10.2016 - 30.10.2016
Ort
Evangelische Tagungsstätte WildbadTaubertalweg 42
91541 Rothenburg o.d. Tauber
Anmeldung
Rita NiedermaierTel. 08158-251128 (9-12 Uhr)
E-Mail: niedermaier [at] ev-akademie-tutzing [dot] de
Anmeldeschluss ist am 14. Oktober 2016
Programm
Freitag, 28.10.2016
18.00 Uhr Beginn der Tagung mit dem Abendessen
19.00 Uhr Begrüßung und Einführung in das Tagungsthema
Dr. Ulrike Haerendel
19.30 Uhr Bemerkungen zur Geschichte des modernen Antisemitismus
Prof. Dr. Peter Longerich, Historiker, Hitler-Biograf, Universität der Bundeswehr München
Samstag, 29.10.2016
09.15 Uhr Wiederkehrende Stereotypen des Antisemitismus
Dr. Marcus Funck, Historiker, Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin
10.30 Uhr Kaffeepause
10.45 Uhr Antisemitismus und Israelkritik
Prof. Dr. Wilhelm Kempf, emer. Professor für Psycholog. Methodenlehre der Universität Konstanz
12.00 Uhr Mittagessen
14.00 Uhr Extremismus der Mitte?
PD Dr. Oliver Decker, Psychologe, Vorstand Kompetenzzentrum für Rechtsextremismus- und Demokratieforschung an der Universität Leipzig
15.00 Uhr Kaffeepause
15.30 Uhr Rassismus und Antisemitismus in der Einwanderungsgesellschaft
Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung, Berlin
16.30 Uhr Präventionsarbeit
Impulsreferat von Dr. Michael Kohlstruck, Politikwiss., Zentrum für Antisemitismusforschung
und Podium mit:
Martin Becher, Geschäftsführer, Bayerisches Bündnis für Toleranz
Anne Goldenbogen, Politikwiss., Kreuzberger Initiative gegen
Antisemitismus
Dr. Miriam Heigl, Leiterin der Fachstelle für Demokratie - gegen
Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit, München
18.00 Uhr Abendessen
19.30 Uhr "Jud Süß" - Präsentation des Veit-Harlan-Films von 1940
Anschließend Filmgespräch
Sonntag, 30.10.2016
09.15 Uhr Kritische Edition: Anlass, Ziel und Umsetzung der
wissenschaftlichen Ausgabe von "Mein Kampf"
Dr. Roman Töppel, Historiker, Mitherausgeber von "Mein Kampf - eine kritische Edition"
10.00 Uhr Pause
10.30 Uhr Kritische Blicke? Die Aufnahme der wissenschaftlichen Ausgabe im Ausland
Podiumsgespräch mit:
Prof. Dr. Jeremy Adler, Germanist, Senior Research Fellow, King's College London
Prof. Dr. Oded Heilbronner, Historiker, Hebrew University Jerusalem
Prof. Dr. Wolfgang Schieder, emer. Professor für Neuere und Neueste
Geschichte, Universität zu Köln
Dr. Roman Töppel
Prof. Dr. Annette Wieviorka, emer., Université de Paris (angefragt)
Moderation: Prof. Dr. Peter Longerich
Die Diskussion wird vom Bayerischen Fernsehen für die "Denkzeit" auf ARD-alpha aufgezeichnet.
12.00 Uhr Ende der Tagung mit dem Mittagessen