Das Forum „Zukunft der Erinnerung“ bietet alljährlich Angehörigen ehemaliger KZ-Häftlinge und NS-Verfolgter, Mitarbeiter*innen von Gedenkstätten und Interessierten die Möglichkeit zum gegenseitigen Kennenlernen und Austausch. Im Zentrum des 7. Forums, das vom 10. bis 12. November 2021 in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme stattfindet, stehen gegenwärtige Praktiken familiengeschichtlicher und erinnerungspolitischer Aufarbeitung von Verfolgungserfahrungen und nationalsozialistischen Täterschaften in den Folgegenerationen.
Am ersten Tag erhalten Angehörige von Verfolgten des Nationalsozialismus vor Beginn des öffentlichen Forums die Gelegenheit, sich miteinander auszutauschen. Nachkomm*innen erhalten von Expert*innen Tipps und Hilfestellungen, ihre Familiengeschichten öffentlich zu präsentieren.
Der öffentliche Teil des Forums startet am 10. November mittags mit den Perspektiven von Enkel*innen von NS-Tätern, die sich in Graphic Novels, in literarischer Form, in öffentlichen Filmdokumentationen, im Geschichtsunterricht sowie mittels Fotografie mit ihrer belasteten Familiengeschichte auseinandersetzen. Die Verbrechen des Nationalsozialismus werden hier zum Gegenstand der Reflexion über das gegenwärtige gesellschaftliche und künstlerische Handeln von Menschen, deren Vorfahren an Verbrechen beteiligt waren. Mit der Eröffnung der Fotoausstellung „Luise. Archäologie eines Unrechts“ wird ein Teil dieser Auseinandersetzung bis zum 13. März 2022 in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme öffentlich zugänglich sein.
Der Donnerstag startet mit einem Dialog zwischen zwei Gästen aus Frankreich, deren Väter Häftlinge des KZ Neuengamme waren, und zwei Hamburger*innen, die Kinder von NS-Tätern sind. „Mémoire à quatre voix“ (Erinnerung in vier Stimmen) fragt nach den Möglichkeiten, mit Verfolgungserfahrungen und NS-Täterschaften zu leben und über die Grenzen biografischer Unterschiede hinweg in einen Dialog zu treten. Dieser Dialog dient auch dazu, gemeinsam in der Gegenwart Zeichen zu setzen für ein gesellschaftliches Miteinander, das einen verantwortlichen Umgang mit den Verbrechen der NS-Zeit einschließt.
Am späteren Vormittag berichten Vertreter*innen der Verbände ehemaliger Häftlinge und ihrer Angehörigen aus verschiedenen europäischen Ländern an mehreren Stationen über ihre Aktivitäten. Die Teilnehmer*innen haben die Gelegenheit, miteinander ins Gespräch zu kommen.
In einem Austausch mit Menschen, deren Verwandte aus unterschiedlichen Gründen Opfer nationalsozialistischer Gewalt wurden, wird über Praktiken der familiengeschichtlichen Aufarbeitung von Verfolgungserfahrungen in der Generation der Enkel- und Urenkel*innen informiert.
Der zweite Tag des Forums endet mit einem Input und Austausch über die Erinnerungspolitik in Spanien. Dort wurde vor dem Hintergrund der Franco-Diktatur und deren Folgen jahrzehntelang das Thema von familiengeschichtlich verankerter nationalsozialistischer Verfolgungserfahrung aus dem öffentlichen Diskurs ausgeklammert. Am Freitag haben Angehörige ehemals Verfolgter und Interessierte die Möglichkeit, ihre individuell gestalteten Plakate zur Erinnerung an ehemalige Häftlinge des KZ Neuengamme am „Ort der Verbundenheit“ gemeinsam zu drucken. Bereits gedruckte Plakate werden gemeinsam plakatiert. Der Ort der Verbundenheit wurde während des Forums 2020 auf dem Gelände der Gedenkstätte eingeweiht.
Zum Abschluss wird eine Führung angeboten, in der Interessierte das Gelände und die Ausstellungen der KZ-Gedenkstätte Neuengamme mit dem Schwerpunkt auf familiengeschichtliche Perspektiven kennenlernen können.
Konzept: Dr. Alexandre Froidevaux und Dr. Oliver von Wrochem
Datum
Mittwoch, 10. November; 9:30–12 Uhr (Austauschrunde für Angehörige), 13:30–18 Uhr
Donnerstag, 11. November; 9:30–17:15 Uhr
Freitag,12. November; 10–12:30 Uhr
Ort
KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Studienzentrum, Jean-Dolidier-Weg 75, 21039 Hamburg
Es findet eine Simultanübersetzung in folgende Sprachen statt: Deutsch, Englisch; bei Bedarf auch weitere Sprachen.
Wichtig: An der Veranstaltung darf nur teilnehmen, wer geimpft oder genesen ist (2G). Bitte bringen Sie unbedingt entsprechende Nachweise mit!
Anmeldung
Eine verbindliche Anmeldung ist bis zum 5. November 2021 erforderlich.
Für die Verpflegung wird ein Teilnahmebeitrag in Höhe von 60,- Euro/30,- Euro ermäßigt erhoben.
Anmeldung bei:
Juliane PodlahaKZ-Gedenkstätte Neuengamme
Studienzentrum Jean-Dolidier-Weg 75
21039 Hamburg
Email: juliane [dot] podlaha [at] gedenkstaetten [dot] hamburg [dot] de
Tel: 040-428131-568
Programm
Mittwoch, 10. November
09:30–17:30 Uhr; Studienzentrum KZ-Gedenkstätte Neuengamme
09:30–12:00 Austauschrunde für Angehörige ehemaliger KZ-Häftlinge
Moderation: Thorsten Fehlberg, Swenja Granzow-Rauwald, Natascha Höhn (KZ-Gedenkstätte Neuengamme)
12:00–13:30 Mittagessen
13:30–14:00 Begrüßung und einführende Gedanken zum Forum „Zukunft der Erinnerung“, Dr. Oliver von Wrochem und Dr. Alexandre Froidevaux
(KZ-Gedenkstätte Neuengamme)
14:00–15:30 Gespräch: Nachkomm*innen von NS-Tätern aus der dritten Generation, Stefanie Taschinski, Hamburg (Kinderbuchautorin), Maria Holzgrewe, Bad Segeberg (Lehrerin), Paula Mittrowann, Hamburg (Zeichnerin), Moderation: Dr. Oliver von Wrochem (KZ-Gedenkstätte Neuengamme)
15:30–16:30 Pause & Kennenlernen
16:30–18:00 Vorstellung und Eröffnung der Fotoausstellung „Luise. Archäologie eines Unrechts.“, Stefan Weger, Berlin (Fotograf)
Moderation: Alexandra Köhring (Stiftung Hamburger Gedenkstätten und
Lernorte)
Donnerstag, 11. November
9:30–17:15 Uhr; Studienzentrum KZ-Gedenkstätte Neuengamme
09:30–09:45 Begrüßung zweiter Tag
09:45–11:45 „Mémoire à quatre voix“
Yvonne Cossu-Alba, Grasse, und Jean-Michel Gaussot, Paris (Kinder von Häftlingen des KZ Neuengamme), Barbara Brix und Ulrich Gantz, Hamburg (Kinder von NS-Tätern),Moderation: Christine Eckel (Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte)
11:45–12:00 Pause
12:00–13:00 Präsentationen: Verbände und Initiativen von Nachkomm*innen ehemaliger KZ-Häftlinge, Mark Van den Driessche, Oudenaarde/Belgien (Amicale Belge de Neuengamme), Swenja Granzow-Rauwald, Hamburg und Franciska Henning, Hamburg (Young Committee der Amicale International KZ Neuengamme), Jan van den Hoorn, Putten/Niederlande (Stichting Oktober 44), Kristof Van Mierop, Dudzele/Belgien (Amicale Belge de Neuengamme), Balbina Rebollar, Gijón/Spanien (Amical de Neuengamme), Yvonne Cossu-Alba, Grasse, und Jean-Michel Gaussot, Paris (Amicale française de Neuengamme); Martine Letterie (Amicale International KZ Neuengamme), Tom Devos (NCPGR Meensel-Kiezegem 44)
13:00–14:00 Mittagessen
14:00–15:30 Gespräch: Nachkomm*innen von NS-Verfolgten der dritten und vierten Generation Julia Gilfert, Tübingen und Kitzingen (Enkelin eines Ermordeten der NS-„Euthanasie“), Victoria Evers, Paderborn (Enkelin eines polnischen Häftlings des KZ Neuengamme), Tom Schröder, Hamburg (Urenkel deportierter jüdischer Hamburger*innen) Moderation: Christiane Heß (Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte)
15:30–16:00 Pause und Zeit für informellen Austausch
16:00–17:00 Input und Gespräch: Erinnerungspolitik in Spanien Balbina Rebollar, Gijón/Spanien (Tochter eines Neuengamme-Häftlings,
Amical de Neuengamme) und Heike M. Martínez, Barcelona (Amical de
Neuengamme), Moderation: Dr. Alexandre Froidevaux (KZ-Gedenkstätte Neuengamme)
17:00–17:15 Abschluss
Freitag, 12. November
10:00–12:30 Uhr; Ort der Verbundenheit KZ-Gedenkstätte Neuengamme
10:00–12:30 Druckworkshop „Ort der Verbundenheit“
Betreuung: Sandra Wachtel und Justin Warland (KZ-Gedenkstätte
Neuengamme)
10:00–13:00 Für Interessierte: Rundgang durch die KZ-Gedenkstätte Neuengamme