Ausgehend von dem Fall des «Buchenwald-Kindes», das politische Häftlinge vor seinem Transport nach Auschwitz retteten, untersucht Sonja Combe die zweifache Instrumentalisierung dieser Geschichte. Während Stefan J. Zweig in der DDR als Symbol für die Menschlichkeit der kommunistischen Gefangenen überhöht wurde, wird er heute auf das Symbol eines von der DDR konstruierten «Mythos des Antifaschismus» reduziert. Diese neue Geschichtsschreibung muss sich aber ebenfalls die Frage nach der Unabhängigkeit des Historikers vom herrschenden Zeitgeist stellen lassen.
Programm
Vortrag von Dr. Sonia Combe (Paris/Centre Marc Bloch, Berlin)
Moderation: Dr. Hans Coppi (Berlin)
Sonia Combe stützt sich in ihrem 2013 in Paris und 2017 im Neofelis Verlag Berlin auf Deutsch erschienenen Buch: «Ein Leben für ein anderes. Der ‚Opfertausch' im KZ Buchenwald und seine Nachgeschichte» (281 Seiten) auf eine breite Quellenbasis. Zusammen mit in Deutschland bisher kaum zur Kenntnis genommenen Zeitzeugenberichten französischer Häftlinge eröffnet sie zugleich eine neue Sicht auf den Einfluss kommunistischer Häftlinge im KZ Buchenwald in den Jahren 1943 bis 1945 sowie den kontroversen Umgang mit der Nachgeschichte bis in die Gegenwart. Sonia Combe plädiert, Buchenwald als europäischen Erinnerungsort zu begreifen, der Teil jener großen Ursprungserzählung sein sollte, die Europa noch erfinden muss.
Datum
Montag, 12.März 2018, 18.30 Uhr
Ort
Café SybilleKarl-Marx-Allee 72
Berlin-Friedrichshain
U5 Strausberger Platz
Eine Veranstaltung der Berliner VVN-BdA e.V.