Bis Anfang der 2000er Jahre gab es neben dem historischen Lernen und Begegnungsprojekten kaum Konzepte zum pädagogischen Umgang mit gegenwartsbezogenem Antisemitismus. In den letzten Jahrzehnten hat sich die Bildungsarbeit zu Antisemitismus weiterqualifiziert und ausdifferenziert.
Antisemitismuskritische Bildung gilt inzwischen als eine übergeordnete Bezeichnung für verschiedene Konzepte antisemitismusbezogener Interventionen. Zu ihren Grundannahmen gehören u.a. das Verständnis von Antisemitismus als tradiertes und flexibel einsetzbares Einstellungspotenzial und die Kritik an »Othering« in Bezug auf Juden*Jüdinnen.
Die Normalisierung jüdischer Nichtpräsenz bei Diskursen über Antisemitismus ist ein weiterer Aspekt, der in das Blickfeld antisemitismuskritischer Bildung getreten ist. Um eine antisemitismuskritische Perspektive herauszubilden, ist es wichtig anzuerkennen, dass antisemitische Positionen – auch wenn ungewollt – eingenommen werden, unabhängig von z.B. Herkunft, Gruppenzugehörigkeit oder politischer Positionierung. Daraus ergibt sich u.a. die Notwendigkeit individuelle wie auch kollektive Verstrickungen in antisemitische Dispositionen zu identifizieren und kritisch zu hinterfragen. Damit hat sich der Antisemitismusdiskurs wesentlich erneuert und lehnt sich an das Grundprinzip der Rassismuskritik an. Gefordert wird in diesem Zusammenhang die eingehende Auseinandersetzung mit den Wechselwirkungen zwischen Antisemitismus und Rassismus, zugleich aber auch die Weiterentwicklung von Ansätzen antisemitismuskritischer Ansätze unabhängig einer solchen Kontextualisierung.
Die Veranstaltung schafft einen Rahmen für Diskussion über die Relevanz und Wechselwirkung von Rassismus- und Antisemitismuskritik und stellt die Frage nach Streiträumen und Allianzen zur Debatte.
Um Anmeldung wird gebeten: http://zwst.org/anmeldung-va-pw-juli-2017/
Datum
Mittwoch, 12. Juli 17.00 - 21.00
Programm
17.00 Uhr
Einführung & Keynote: Marina Chernivsky (Kompetenzzentrum, ZWST)
17.15 Uhr
Ankommen mit Open Space: Moderation: Christiane Friedrich (PW Plus)
17.45 Uhr
Berichtsvorstellung: Grundsätze und Empfehlungen des zweiten Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus zu Prävention und Intervention
Marina Chernivsky (Kompetenzzentrum, ZWST) und Patrick Siegele (Anne Frank Zentrum)
Moderation: Christiane Friedrich (PW Plus)
18.15 Uhr
Fachvortrag zu Bildung und Antisemitismuskritik : Prof. Dr. Barbara Schäuble, ASF Berlin
18.45 Uhr
Pause
19.00 Uhr
Podiumsgespräch zu Streiträumen und Allianzen im Rassismus- und Antisemitismusdiskurs
Susanna Harms (Bildungsbausteine e.V.), Andrés Nader (RAA Berlin), Aycan Demirel (KIGA e.V.), Judith Steinkuehler (PW Plus), Golschan Ahmad Haschemi (Amadeu Antonio Stiftung, "ju:an" - Praxisstelle
antisemitismus- und rassismuskritische Jugendarbeit)
20.45 Uhr
Auswertung und Reflexion
Jana Scheuring (PW Plus)
Anschließend Imbiss/ Empfang
Veranstalter
Perspektivwechsel Plus - ZWST