Aus heutiger Sicht mag der Antisemitismus im Kaiserreich, der nach dem Höhepunkt des Kulturkampfes eigens zu Antisemitenparteien führte, als verheerendes Phänomen erscheinen. Zeitgenossen nannten ihn die "Schmach" des Jahrhunderts. Gleichwohl sahen sie andere Konfliktlinien als dramatischer an.
Der Nationalismus mit seinen Feindbildern erfasste breite Bevölkerungsschichten; in den 1870er Jahren lebte der Antiklerikalismus wieder auf; der Antikatholizismus wurde als "wahre Schmach" des Jahrhunderts bezeichnet. Nach Beendigung des Kulturkampfes erstarkte der Antisozialismus, aber auch der Konfessionalismus kam nicht zur Ruhe, und alles verschränkte sich mit dem Antifeminismus.
Der Vortrag geht den Parallelen dieser Stereotypenkonstellationen und ihrer Verflechtung mit dem Antisemitismus nach.
Olaf Blaschke ist Professor am Historischen Seminar der Westfälischen Wilhelms Universität Münster. Seine Doktorarbeit erschien 1997 im Vandenhoek Ruprecht Verlag unter dem Titel Katholizismus und Antisemitismus im Deutschen Kaiserreich. 2014 veröffentlichte er im Reclam Verlag sein neuestes Buch "Die Kirchen und der Nationalsozialismus".
Datum
Montag, 16. Februar 2015, 18.15 Uhr
Ort
Goethe-Universität Frankfurt am Main, Campus WestendNorbert-Wollheim-Platz 1
IG-Farben Haus, Raum 311
Eine Veranstaltung des Fritz Bauer Instituts.