Die Geschichte des Nationalsozialismus ist in vielen Museen in Ostdeutschland immer noch ein Randthema. Zwar wurden unter den ostdeutschen Gedenkstätten seit den 1990er Jahren intensive Debatten über den erinnerungspolitischen Umgang mit dem Nationalsozialismus ausgetragen, diese Diskussionen erreichten die Mehrzahl der ostdeutschen Museen jedoch nicht. Die als unzeitgemäß empfundenen Antifa-Ausstellungen aus der Zeit der DDR waren nach 1990 abgebaut, neue Präsentationen aber kaum aufgebaut worden. Es erscheint plausibel, dass dies auch eine Nachwirkung des 'verordneten Antifaschismus' der DDR ist, der den Fokus der Erinnerung wesentlich auf den kommunistischen Widerstand beschränkt hatte und nach dem Zusammenbruch der DDR eine Leerstelle im historischen Bewusstsein hinterließ.
Die Beschäftigung mit der NS-Alltagsgeschichte in Westdeutschland seit den 1980er und mit der DDR-Alltagsgeschichte in Ostdeutschland seit den 1990er Jahren hat neue Ansätze etabliert, die nun auch für die Darstellung von NS-Geschichte in Museen fruchtbar werden können. Neue kultur-, sozial- und wirtschaftshistorischen Zugänge und Sichtweisen sind neben die politikgeschichtliche Betrachtung getreten. Damit ist auch der mikrohistorische Ansatz gestärkt worden. Die lokalen und regionalen Museen sind in besonderer Weise geeignet, gerade diese Perspektive einzunehmen und dadurch das Eindringen des Nationalsozialismus in die Haltungen und Handlungen konkreter Gesellschaften zu thematisieren. Auf diese Weise kann der Bezug der Geschichte zur Gegenwart verdeutlicht und eine Sensibilität für die Entwicklung vor Ort geschaffen werden. Lokale und regionale Museen können zu einer aktiven Auseinandersetzung mit und zur Abwehr von rechtsradikalen Haltungen und Gesinnungen beitragen. Dafür ist die differenzierte Darstellung der örtlichen NS-Geschichte in den Museen unverzichtbar.
Datum
17. - 19. Oktober 2013
Ort
Potsdam Museum - Forum für Kunst und GeschichteAm Alten Markt 9 (Altes Rathaus)
14467 Potsdam
Tel.: +49 331 289-6821 (Sekretariat)
Weitere Informationen zur Anmeldung finden Sie auf der Website:
http://www.nsgeschichte-im-museum.de/
Programm
Donnerstag 17.10.2013
Sektion I: Erinnnerungskulturen, Diskurse
Moderation: Susanne Köstering
14.00 Uhr Begrüßungen Gabriele Helbig, Susanne Köstering (Museumsverband Brandenburg)
Uwe Koch (Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg)
Jutta Götzmann (Potsdam Museum. Forum für Kunst und Geschichte)
Anna Kaminsky (Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur)
Martina Weyrauch (Brandenburgische Landeszentrale für Politische Bildung) 14.30 Uhr Christian Hirte (Berlin) | Einführung in das Tagungsprogramm 14.45 Uhr Martin Sabrow (Potsdam) | Der nationalsozialistische Zivilisationsbruch in der geteilten deutschen Geschichtskultur 15.30 Uhr Kaffeepause
16.00 Uhr Insa Eschebach (Ravensbrück) | Museale Entwicklungen in ostdeutschen KZ-Gedenkstätten vor und nach 1989
16.45 Uhr Andreas Ludwig (Potsdam) | Probleme der Musealisierung von NS- und DDR-Alltag aus zeitgeschichtlicher Sicht
17.30 Uhr Diskussion
18.00 Uhr Ende des Nachmittagsprogramms
20.00 Uhr Abendvortrag | Hans Dieter Schäfer (Regensburg) | Das „Dritte Reich“ und die staatsfreie Sphäre
Freitag 18.10.2013
Sektion II: Zugänge zum Alltag im „Dritten Reich“
Moderation: Irmgard Zündorf
09.00 Uhr Begrüßung und Einführung in das Tagesprogramm
09.15 Uhr Susanne Hagemann (Berlin) | „Leere Gesten“? Darstellungsmuster in Ausstellungen zur NS-Zeit
10.00 Uhr Heinz-Joachim Theis (Berlin) | Ein heißes Eisen? Keramik aus der NS-Zeit im Keramik-Museum Berlin und Michael Lingohr (Leipzig) | Die letzte ideologiefreie Bastion: der nationalsozialistische Angriff auf den Haushalt
10.45 Uhr Kaffeepause
11.15 Uhr Klaus Hesse (Berlin) | Sich ein Bild vom Alltag machen: Die NS-Zeit in privaten Fotos
12.00 Uhr Janosch Steuwer (Bochum) | „Jeder wird heute irgendwie in den Strudel der Ereignisse gezogen“ –Tagebücher und der individuelle Umgang mit der NS-Diktatur
12.45 Uhr Mittagspause
Sektion III: Fallbeispiele
Moderation: Sabine Roß
14.00 Uhr Anke Grodon (Schwedt) | Zwischen Einschulung und Einberufung. Alltag im Dritten Reich am Beispiel von Schwedt/Oder
14.45 Uhr Sarah-Kristin Kleinmann (Tübingen) | Überlegungen zur musealen Darstellung der NS-Täterschaft
15.30 Uhr Kaffeepause
16.00 Uhr Burghard Ciesla (Berlin) | Ein "böser Ort"? Das Revier des Reichsjägermeisters Hermann Göring Schorfheide-Museum Groß Schönebeck
16.45 Uhr Steffen Stuth (Rostock) | In Trümmern: Eine Ausstellung als Beitrag zur Auseinandersetzung mit problematischer Stadtgeschichte
17.30 Uhr Jens Wehner (Dresden) | Den Zweiten Weltkrieg in Ostdeutschland ausstellen: Ansätze, Resonanzen, Erfahrungen im Militärhistorischen Museum der Bundeswehr
18.15 Uhr Ende des Nachmittagsprogramms
20.00 Uhr Empfang der Stadt Potsdam | Jutta Götzmann und Wenke Nitz (Potsdam) | Der Nationalsozialismus in Ausstellungen des Potsdam Museums – vor und nach 1989 | Vortrag mit Führung durch die neue Dauerausstellung.
Samstag 19.10.2013
Sektion IV: Gefährdungspotenziale
Moderation: Martina Weyrauch
9.00 Uhr Begrüßung und Einführung in das Tagesprogramm
9.15 Uhr Ronald Hirte (Buchenwald) | Zeitgeschichtliche Archäologie und Ding-Pädagogik in der Gedenkstätte Buchenwald
10.00 Uhr Martina Christmeier und Pascal Metzger (Nürnberg) | Nationalsozialismus ausstellen: Zum Umgang mit NS-Objekten im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände Nürnberg
10.45 Uhr Kaffeepause
11.00 Uhr Patrice Poutrus (Wien) | Neo-Nazis im antifaschistischen Staat? Zeitgeschichtliche Betrachtungen zu den Ursachen von Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus in Ostdeutschland heute
11.45 Uhr Dirk Wilking (Potsdam) | Rechtsradikales Publikum
12.30 Uhr Kommentare, Abschlussdiskussion, Resümee
13.30 Uhr Ende des Tagungsprogramms 14.00 Uhr Debatte vor Ort | Die Kontroverse um den Wiederaufbau der Potsdamer Garnisonkirche mit Thomas Wernicke (Potsdam)