Gedenkstätten an Orten ehemaliger Konzentrationslager sind seit der deutschen Vereinigung einem steten Wandel unterworfen: Im Zuge ihrer Professionalisierung und Institutionalisierung sind sie heute zeitgleich dem Gedenken der NS-Verfolgten, der Zusammenarbeit mit Überlebenden und ihren Angehörigen, internationalen Begegnungen, der historisch-politischen Bildung und der Forschung verpflichtet, und erfüllen diese Aufgaben mit den Arbeitsweisen und den Standards zeithistorischer Museen. Gedenkstätten werden inzwischen als Orte kultureller und politischer Selbstverständigung der Bundesrepublik Deutschland wahrgenommen. Zugleich sind sie aber auch Stätten der Artikulation verschiedener zivilgesellschaftlicher Initiativen und Gruppen. Gedenkstätten sind heute Kristallisationspunkte unterschiedlicher geschichtspolitischer Interessen und Ansprüche.
Vor diesem Hintergrund nimmt der Workshop die geschichtspolitischen Koordinaten in den Blick, die die Arbeit der Gedenkstätten definieren. Folgende Fragen werden diskutiert: Woher rührt das zunehmende öffentliche Geschichtsinteresse? Wie funktioniert das Zusammenspiel von staatlich geförderter Gedenkstättenarbeit und bürgerschaftlichem Engagement? Wie lassen sich die Bemühungen interpretieren, sowohl die nationalsozialistischen als auch die stalinistischen Verbrechen als gemeinsamen negativen Gründungskonsens Europas zu etablieren? Welche For-men des Gebrauchs von Geschichte für gegenwärtige Interessen sind in den Gedenkstätten heute zu beobachten und wie wird ihnen begegnet? Diskutiert wird nicht zuletzt die Frage, ob sich ein Funktionswandel der Erinnerungskultur in einer veränderten Geschichtspolitik manifestiert.
Nach einem Überblicksvortrag, der das Feld von Geschichtspolitik und Gedenkstättenarbeit umreißt, wird in Panel 1 die Bedeutung zivilgesellschaftlichen Engagements für die Entwicklung von Geschichtspolitik und Gedenkstättenarbeit vorgestellt. Das Panel 2 reflektiert die Transfor-mation der Gedenkstätten zu staatlich geförderten Bildungseinrichtungen und fragt danach, welche Rolle im vereinten Deutschland das doppelte Erbe der DDR und des Nationalsozialismus und damit einher gehende geschichtspolitische Interessen für die Arbeit der Gedenkstätten spie-len. Auch werden Formen der Interaktion von BesucherInnen und GedenkstättenmitarbeiterInnen in Augenschein genommen.
Die Veranstaltung dient der Vorbereitung des Themenhefts 16 der Zeitschrift »Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland«, hat Werkstattcharakter und ist offen für Interessierte aus Wissenschaft und Bildung.
Das ausführliche Programm und Informationen zur Anmeldung können Sie dem Flyer unter "Download" entnehmen.
Datum
31.05 - 01.06.2013
Ort
Mahn- und Gedenkstätte RavensbrückFürstenberg/Havel